Kurzfassung
Die Tiefenabhängigkeit der kritischen Streuung in SrTiO3 wurde am
kontinuierlichen Phasenübergang von kubisch zu tetragonaler Symmetrie bei
Temperaturen oberhalb der kritischen Temperatur Tc=99.5 K mit Hilfe von
hochenergetischer Synchrotronstrahlung untersucht. Als Probe wurde
ein nahezu perfekter SrTiO3-Einkristall mit polierten Oberflächen
verwendet. Den Ausgangspunkt bilden frühere Arbeiten, die bei diesem System
im oberflächennahen Bereich eine zweite, größere Längenskala in den
kritischen Fluktuationen fanden, d.h. eine zusätzliche scharfe Komponenten in
der kritischen Streuung beobachteten.
Durch den hohen Photonenfluß am PETRA-Undulator war es möglich, die
Entwicklung der kritischen Streuung auf der zweiten Längenskala mit einem
Strahlquerschnitt von 200 um Höhe in Abhängigkeit vom Abstand von der
Probeoberfläche zu untersuchen.
Die Dicke der oberflächennahen Schicht, in der
die zweite Längenskala auftritt, konnte zu 80 um bestimmt werden.
In dieser Schicht erwies sich der Beitrag der zweiten
Längenskala zur Intensität als konstant.
Die beide Längenskalen koexistieren, d.h. nur lokale Bereiche tragen
zu den kritischen Fluktuationen auf der zweiten Längenskala bei.
Die Schwerpunktslagen der beiden Streuanteile zeigten geringfügig
unterschiedliche Positionen im reziproken Raum, was auf unterschiedliche
strukturelle Phasen im streuenden Volumen schließen läßt.
Dies konnte durch die hohe Auflösung des Diffraktometers für
hochenergetische Synchrotronstrahlung erstmals für einen Phasenübergang
zweiter Ordnung festgestellt werden. Die Beobachtung der
Mosaikverteilung in Abhängigkeit vom Abstand zur Oberfläche haben gezeigt,
daß das Auftreten der scharfen Komponente in der kritischen Streuung mit der
Verschlechterung der Güte des Kristalls nahe der Oberfläche gekoppelt ist.
The depth dependence of the critical scattering at the continuous phase transition from cubic to tetragonal symmetry in SrTiO3 has been studied at temperatures above the critical temperature Tc=99.5 K with high energy synchrotron radiation. The sample with polished surfaces showed a high degree of crystal perfection. In earlier studies a second, larger length scale was found in the critical scattering in a near surface layer, i.e. an additional sharp component occurred in the critical scattering. Because of the high flux at the new PETRA-undulator beam line it was possible to study the development of the critical scattering on the second length scale as a function of the distance from the sample surface with a beam cross section of 200 um in height. The thickness of the surface layer exhibiting the second length scale was determined to be 80 um. The contribution of this layer to the intensity of the sharp component is constant. Both length scales are in coexistence, i.e. only local parts of the layer contribute to the critical fluctuations on the second length scale. The centres of mass of the two contributions to the critical scattering showed slightly different locations in the reciprocal space which suggests the existence of two different structural phases in the irradiated volume. This observation could be made here for the first time because of the high resolution of the diffractometer for high energy synchrotron radiation used. By studying the dependence of the crystal mosaicity a one to one correspondence was found in the near surface layer between the deterioration of the crystal perfection and the growth of the sharp component of the critical scattering.