Kurzfassung
Das Standardmodell der Teilchenphysik ist eine äußerst erfolgreiche Theorie, die aber ein
paar Fragen unbeantwortet lässt. Insbesondere das Thema der Dunklen Materie ist ein aktives
Forschungsfeld und die Entdeckung von Kandidaten für Dunkle Materie könnte sich in Reichweite
moderner Teilchenbeschleuniger befinden. Das Beantworten von offenen Fragen des
Standardmodells ist eines der übergeordneten Ziele dieser Arbeit.
Die Kandidaten für Dunkle Materie könnten mit dem kürzlich entdeckten Higgs-Boson
interagieren und würden für Teilchendetektoren unsichtbar wirken. Das motiviert die Suche
nach unsichtbaren Zerfällen des Higgs-Bosons, welches in der Fusion von Vektorbosonen produziert
wird. Die Analyse sucht nach einem Paar von stark separierten, hochenergetischen
Jets und fehlender Transversalenergie im Endzustand. Die Suche nutzt 36.1 fb^-1 Daten von
Proton–Proton-Kollisionen, die zwischen 2015 und 2016 mit dem ATLAS Experiment am
LHC aufgezeichnet wurden. Die Hauptuntergründe sind leptonisch zerfallende Vektorbosonen.
Diese Untergr¨unde werden in zugehörigen Kontrollregionen in Daten begrenzt.
Der Multijetuntergrund ist klein, da er nur aus Fehlmessungen des Transversalimpulses von
Jets resultiert, aber er ist schwierig zu quantifizieren. Die Jetantwort ist ein Maß für den Grad
der Fehlmessung von Transversalimpulsen von Jets. Um herauszufinden, wie gut die Jetantwort
in Bereichen extremer Fehlmessung simuliert ist, werden nicht-gaußsche Verteilungsenden in
einem Vergleich zwischen Daten und Simulation quantifiziert. Dies wird bewerkstelligt, indem
die gaußschen Kerne mit Fits modelliert werden. Um den Effekt in Daten zu untersuchen,
wird die Impulsbalance von Jetpaaren durch eine Extrapolation zu reinen Zwei-Jet-Ereignissen
in Betracht gezogen. Das Verfahren wird sowohl auf eine neue Jetdefinition, die sogenannten
Teilchenstromjets, als auch auf Topogruppenjets angewendet. In beiden Fällen stimmt die Simulation
gut mit Daten überein. Dies führt zu systematischen Unsicherheiten, die klein genug
sind, um einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Analyse zu haben.
Die systematische Unsicherheit, die aus der Jetenergieauflösung resultiert, ist eine der
Haupteinschränkungen für die Sensitivität der Suche. Das wird addressiert mit der globalen,
sequentiellen Kalibration (GSC), einer simulationsbasierten Methode, die Abhängigkeiten des
Jetimpulses von Detektorobservablen entfernt, um die Jetauflösung zu verbessern. Die Kalibration
führt zu einer Verbesserung der Jetaufl¨osung von 20%. Dabei wird die GSC erstmalig für
Teilchenstromjets hergeleitet, was den Leistungsvergleich mit anderen Jetrekonstruktionsalgorithmen
erlaubt.
Die Suche ist dazu in der Lage, ein neues beobachtetes (erwartetes) Limit auf das Verzweigungsverhältnis für den unsichtbaren Higgszerfall von 0.37 (0.28) bei einem Vertrauensniveau
von 95% zu setzen. Die Resultate werden im Rahmen eines Higgs-Portal-Modells interprätiert,
wobei die unsichtbaren Zerfallsprodukte als Kandidaten für dunkle Materie behandelt werden.
Daraus resultieren Limits auf die Wirkungsquerschnitte für die Wechselwirkung zwischen Kandidaten
für dunkle Materie und Atomkernen, die in Abhängigkeit von Masse und Spin der dunklen
Materie bei einem Vertrauensniveau von 90% zwischen 10^-46 cm^2 und 10^-42 cm^2 liegen.
The Standard Model of particle physics is a very successful theory, but it leaves some open questions. Especially the topic of dark matter is a very active field of research and the discovery of dark matter candidates might be accessible to modern collider experiments. Answering open questions of the Standard Model is one of the greater goals of this work. The dark matter candidates might interact with the recently discovered Higgs boson and would appear invisible to a particle detector. This motivates a search for invisible decays of the Higgs boson produced in vector-boson fusion. The search is looking for a pair of wellseparated, highly energetic jets and missing transverse energy in the final state. The analysis uses 36.1 fb^-1 of proton–proton collision data recorded at a centre-of-mass energy of 13 TeV in 2015 and 2016 with the ATLAS experiment at the LHC. The main backgrounds are leptonically decaying vector bosons. These backgrounds are constrained in dedicated data control regions. The multijet background is small, since it can only result from mismeasurements of the jet transverse momentum, but it is challenging to quantify. The jet response is a measure for the mismeasurement of jet transverse momenta. To study how well it is simulated in areas of extreme mismeasurements the non-Gaussian tails of these distributions are quantified in a comparison between data and simulation. This is achieved by modelling the Gaussian core with fits. In order to see the effect in data the momentum balance of jet pairs is considered by using an extrapolation to pure dijet events. The effort is undertaken with a new jet definition, particle flow jets, as well as topocluster jets. For both of them simulation and data are in good agreement. This leads to systematic uncertainties small enough to have a negligible impact on the analysis. The systematic uncertainty resulting from the jet energy resolution is one of the main limitations to the sensitivity of the search. This is addressed with the global sequential calibration (GSC), a simulation-driven method that removes the dependencies of jet momenta on a selection of detector variables in order to improve the jet resolution. The calibration leads to a jet resolution improvement of up to 20%. The GSC is fully derived for particle flow jets for the first time, allowing performance comparisons between different kinds of jet reconstruction algorithms. The search is able to derive a new observed (expected) limit on the Higgs to invisible branching fraction of 0.37 (0.28) at 95% confidence level. The results are also interpreted considering a Higgs portal model, treating the invisible decay products as dark matter candidates. The resulting limits on the cross-section for the DM candidate to interact with an atomic nucleus is between 10^-46 cm^2 and 10^-42 cm^2 at 90% confidence level depending on the DM mass and spin.