Kurzfassung
Die vorliegende Arbeit behandelt Konstruktion, Charakterisierung und
Anwendung eines hochauflösenden Mikroradiographie- und
Mikrotomographie-Geräts am Undulatorstrahlrohr ID 22 der Europäischen
Synchrotronstrahlungsquelle ESRF in Grenoble (Frankreich) sowie
Untersuchungen zur Erweiterung der Leistungsfähigkeit von Gerät und
Methode durch Verwendung von Röntgenlinsen. Der Flächendetektor des
Instruments hat ein räumliches Auflösungsvermögen unterhalb eines
Mikrometers (volle Halbwertsbreite der Linienantwortfunktion 0.5 µm),
eine Detektorlinearität besser als 2 Prozent sowie eine schnell
auslesende (ca. 100 ms) und rauscharme CCD-Elektronik und ist
optimiert für Photonenenergien zwischen 10 und 30 keV. Die
Kohärenzeigenschaften der Röntgenstrahlen aus dem ESRF-Undulator
ermöglichen die Ausnutzung von Inline-Phasenkontrast, der eine
Hervorhebung von Grenz- und Oberflächen in der Probe bewirkt und für
zahlreiche schwach absorbierende Systeme um Größenordnungen stärker
ist als der üblicherweise ausgenutzte Absorptionskontrast.
Anwendungsbeispiele werden präsentiert, in denen die Leistungsmerkmale
des Geräts bezüglich räumlicher Auflösung, Kontrast und Zeitauflösung
entscheidend sind. So liefern mikrotomographische Messungen an Papier
nicht nur dreidimensionale Information über die Struktur des
Zellulosefasernetzwerks, sondern auch innere Strukturparameter der
Fasern. Die Nutzung von Phasenkontrast ermöglicht derartige Messungen
auch an in Wasser eingetauchten Proben, für welche kein meßbarer
Absorptionskontrast auftritt. In einem weiteren Experiment erlauben
das geringe Rauschen des Detektors und seine schnelle Auslese in
Kombination mit der hohen Röntgenflußdichte zeitaufgelöste Bildserien
von Nichtgleichgewichts-Wachstumsprozessen bei der Erstarrung von
Metallschmelzen.
Mit dem Ziel noch besserer Auflösung und Bildqualität werden
schließlich Möglichkeiten des Einsatzes modularer refraktiver
Röntgenlinsen (engl. compound refractive lenses, CRLs) in
bildgebender Geometrie untersucht, und zwar sowohl experimentell als
auch durch Simulationsrechnungen mit eigens entwickelter Software zur
Bildentstehung durch Fresnel-Propagation. Abbildungssysteme mit
Röntgenlinsen liefern scharfe Bilder weit vom Detektor entfernter
Strukturen ohne Halbschatteneffekte und Fresnelbeugung. Bei geeigneter
Geometrie ist das Bild vergrößert. Der Aufbau stellt dann ein
einfaches Röntgenmikroskop dar und ermöglicht Radiographie mit einer
räumlichen Auflösung, die jene des Detektors übertrifft. Die
Experimente zeigen, daß derzeit verfügbare CRLs aus Aluminium
nutzbringend für strahldiagnostische Zwecke wie das Abbilden der
Röntgenquelle oder von röntgenoptischen Komponenten im Strahlverlauf
eingesetzt werden können. Im Bereich der röntgenmikroskopischen
Anwendungen ist es gelungen, mikroskopische Tomogramme aufzunehmen.
Dies demonstriert unter anderem das verzerrungsfreie
Abbildungsverhalten der CRLs. Die Auflösung der CRL-mikroskopischen
Tomogramme ist etwas besser als 1 µm. Das Erreichen deutlich höherer
Auflösung wird durch das Absorptionsprofil der Aluminiumlinsen
erschwert, das die effektive numerische Apertur des Mikroskopobjektivs
begrenzt und zu charakteristischen Phasenartefakten in den Bildern
führt. Diese werden von Simulationsrechnungen reproduziert. Die
Rechnungen zeigen, daß aus Beryllium gefertigte CRLs die störenden
Phänomene in so viel schwächerem Ausmaß zeigen, daß sie Auflösungen um
100 nm erlauben werden.
The design, characterization, application, and study of possible
performance improvement of a high-resolution X-ray microimaging and
microtomography instrument at the undulator beamline ID 22 of the
European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble, France,
are reported. The instrument features a spatial resolution of below
one micrometer (full width at half maximum of the detector line-spread
function: 0.5 µm), detector linearity within less than 2 per cent,
fast detector readout (approx. 100 ms) and low noise, and is
optimized for the photon energy range between 10 and 30 keV. In
addition to absorption contrast conventionally used in radiography,
the coherence properties of the third-generation synchrotron-radiation
beam give access to in-line phase contrast. Applications of the
instrument are demonstrated that make use of its unique performance
characteristics with respect to spatial resolution, contrast, and time
resolution. Thus, a microtomography study of paper yields information
both on the cellulose fiber network and on the structure of individual
fibers. Phase contrast gives access to the structure of paper soaked
in water, invisible in absorption contrast. In another study, the
intense X-ray beam together with the low noise and fast readout of the
detector allow time-resolved imaging of non-equilibrium growth
processes in solidifying alloys. The studies are qualitatively
unprecedented and rely crucially on the instrument characteristics.
To further improve the performance of high-resolution X-ray imaging,
the potential of using compound refractive lenses (CRLs) is
investigated experimentally and by numerical simulations of image
formation in Fresnel wave propagation, with computer code especially
written for the purpose. X-ray lenses in imaging geometry may be used
to obtain sharp images of objects far from the detector, without the
degrading effects of Fresnel diffraction and penumbral blurring that
occur in conventional radiography. Furthermore, with suitable
geometry, the obtained image is magnified. In this way, imaging at
spatial resolutions exceeding that of the detector, or hard X-ray
microscopy, becomes possible. The experiments show that presently
available CRLs, made of aluminum, can be used for beamline
diagnostical imaging applications such as imaging of the source or of
optical components that are not accessible to direct inspection. In
microscopy applications, the first hard X-ray microscopic tomography
is reported, demonstrating that the surface quality of the parabolic
lenses is high enough to ensure the absence of image distortions. The
resolution of the CRL tomograms is slightly better than 1 µm.
Substantial further improvements in resolution are somewhat impaired
by the absorption profile of the aluminum lenses, which limits the
effective numerical aperture of the X-ray microscope and leads to
specific phase artifacts in the micrographs. The simulations
reproduce these artifacts and show that lenses made of beryllium will
reduce if not eliminate the problem, so that CRL microscopy with a
resolution of 100 nm can be envisioned.