Thomas Seine, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2018 :

"Neuartige Ansätze zur Herstellung und Analyse biologischer Nanomaterialien für die serielle Femtosekunden-Röntgenkristallographie "


"Novel Approaches to the Production & Analysis of Biological Nanomaterials for Serial-Femtosecond X-ray Crystallography"



Summary

Kurzfassung

Im Überschneidungsbereich der seriellen Kristallographie und der Anwendung ultrakurzer Röntgenpulse an Freie-Elektronen-Lasern gab es zuletzt wesentliche technische Fortschritte und Neuentwicklungen. Mit der hier vorgelegten Arbeit wird angestrebt, einen Beitrag zu eben diesen Entwicklungen zu leisten. Dies ist umgesetzt durch die Erforschung neuer Methodiken die die verlässliche Produktion von benötigten Proben im Nanometerbereich ermöglichen. Im Speziellen widmet sich die Arbeit der Erforschung des peroxisomalen Systems der Hefen H. polymorpha und S. cerevisiae. Die damit verbundenen Möglichkeiten, dieses als Produktionsstätte und Schutzsystem für kristallisierte, heterolog-exprimierte Proteine zu nutzen, werden im Detail untersucht. Die bekannten Eigenschaften dieses Systems, speziell seine Größe, Robustheit und Vielseitigkeit, unterstreichen die gute Einsetzbarkeit dieses eukaryotischen Systems. Am Beispiel von natürlich vorkommenden AOX Kristallen in den Peroxisomen der Hefe H. polymorpha wird zunächst gezeigt, dass es möglich ist, klare Diffraktionsbilder von eben diesen zu erhalten, sogar wenn die Hefezellen als Ganzes auf den Röntgenstrahl treffen. Dabei wird die außerordentliche Fähigkeit des Systems deutlich, die fragilen Proteinkristalle auch unter den harschen experimentellen Bedingungen solcher Versuche zu erhalten. Aufbauend auf der Idee einer Hefe-basierten 'Kristallfabrik' wird in dieser Arbeit ebenfalls gezeigt, wie sich in vivo Nanokristalle bereits durch Synchrotonbasierte Pulverdiffraktion charakterisieren lassen. Darüber hinaus wird eine Williamson-Hall Analyse eingesetzt, um eine Möglichkeit aufzuzeigen, die gewonnenen Daten hinsichtlich der Größe von Kristalldomänen und Verzerrungen im Kristallgitter bereits im Vorfeld von FEL Experimenten zu untersuchen. Im Bestreben, auch an nicht-kristallinen Proben Forschung zu betreiben, wird in einem letzten Abschnitt auf die erfolgreiche Produktion von SOD1 Amyloidfibrillen eingegangen. Mit Bezug auf Ergebnisse aus verschiedensten Methodiken (DLS, EM, ThT Experiment) wird der Mechanismus diskutiert, durch den sich stabile Fibrillen produzieren lassen. Es wurde auch versucht, diese in Experimenten der seriellen Diffraktion an XFEL-Röntgenquelle zu nutzen. Des Weiteren wird eine neue Methodik präsentiert, die es ermöglicht, die Akkumulation und ggf. Nukleation/Kristallisation von heterolog-exprimierten Proteinen im peroxisomalen System zu untersuchen. Sie basiert auf der Kombination von fluoreszenten Probemolekülen in Peroxisomen und der Messung von Fluoreszenzanisotropie und Resonanzenergietransfer. Dabei wird zunächst ein theoretisches Modell entwickelt, um diese Parameter genau zu beschreiben und um sie dann in einem weiteren Schritt mit experimentellen Daten zu vergleichen. Am Beispiel von EGFP ist es so möglich nachzuweisen, dass die aufgestellte Hypothese von sehr hohen Proteinkonzentrationen unter den experimentellen Bedingungen nicht verifiziert werden kann. Offenbar ist die Kristallisation von AOX in Peroxisomen nur bedingt abhängig von größeren Mengen des Proteins. Ebenso scheint es unerlässlich, weitere genetische Modifikationen am Hefesystem vorzunehmen, um auch Kristallisationsbedingungen für andere Proteine zu schaffen. Ausgehend von diesen Untersuchungen wurde auch ein kurzes Gedankenexperiment durchgeführt, in dem die Möglichkeit aufgezeigt wird, Proteinansammlungen von Proteinkristallen zu unterscheiden. Hierbei wird der Einfluss des FRET Orientierungsfaktors κ² diskutiert.

Titel

Kurzfassung

Summary

Tremendous effort has recently been put into the development of novel methods and techniques in the realm of serial-femtosecond X-ray crystallography (SFX) and X-ray free-electron lasers (XFEL). This thesis strives to contribute to current research approaches. This is done by focusing on the exploration of methods that can accommodate the increasing demand for nano-sized samples in serial data collection. The presented research focuses on the investigation of the peroxisomal system of the budding yeast species H. polymorpha and S. cerevisiae in particular. Both are potential in vivo factories and carriers of crystalline material from heterologously expressed proteins. The outstanding features of the yeast eukaryotic systems, their size, robustness and versatility indicate optimal conditions for such efforts. Using the example of naturally-occuring peroxisomal AOX crystals in the yeast H. polymorpha, it is shown that meaningful diffraction data can be obtained at modern XFEL sources via the injection of whole yeast cells into the X-ray beam. The yeast systems demonstrate robustness under the applied harsh experimental conditions (injection via a GDVN nozzle). Thus, proof is given that yeast cells are a suitable envelope to protect fragile, nano-sized protein crystals. To build up on the idea of creating a productive in vivo ’crystal factory’, it is further shown how to characterize in vivo crystals by means of synchrotron powder diffraction and a Williamson-Hall analysis. These methods enable to quantify crystal domain sizes and strain and can be used in future attempts to evaluate and optimize crystal quality ahead of FEL experiments. It has also been demonstrated how to obtain superoxide dismutase 1 (SOD1) amyloid-fibers, so as to provide suitable samples for serial data collection from non-crystalline material. In relation to results from dynamic light scattering (DLS), electron microscopy (EM) and fluorescence-binding assays (ThT assay), possible mechanisms are discussed by which protein fibers are formed. Moreover, it has been attempted to utilize the optimized fiber sample for serial femtosecond fiber diffraction at a XFEL source. In order to investigate the accumulation and possible nucleation/crystallization of heterologously expressed proteins in the peroxisomal environment, a new approach has been developed. It relies on the combination of intraperoxisomal, fluorescent probe molecules and the observation of their steady-state fluorescence anisotropy. A theoretical model is developed to which experimental data can be compared in terms of fluorescence anisotropy and energy transfer. Using the example of the protein EGFP it is shown that yeast cells require further genetic engineering to corroborate the hypothesis of an ever-increasing intraperoxisomal protein concentration. Consequently, the occurrence of AOX crystals seems also not to be induced by extremely high protein concentrations. Proceeding from the established anisotropy method, a gedankenexperiment is conducted to demonstrate the possibility to distinguish protein clusters from crystals in case the influence of the FRET orientation factor κ² is being considered in measurements of fluorescence anisotropy and homoFRET.