Symeon Mystakidis, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2019 :

"Nichtgleichgewichts-korrelierte Quantendynamik von mit Gitter gefangenen endlichen bosonischen Ensembles"


"Non-Equilibrium Correlated Quantum Dynamics of Lattice Trapped Finite Bosonic Ensembles"



Summary

Kurzfassung

Ultrakalte Atome in optischen Gittern bilden eine vielseitige Umgebung für Vielkörperprobleme mit gut kontrollierbaren Parametern, die es uns erlauben, eine Vielzahl komplexer Quantensysteme im Labor zu simulieren, auch solche, die keine analytische Behandlung ermöglichen. Insbesondere die Nicht-Gleichgewichtsdynamik stark korrelierter Vielteilchensysteme ist eine der herausforderndsten Probleme der modernen Quantenphysik, mit Anwendungen die von Thermalisierungsdynamik über Transporteigenschaften bis hin zur Kontrolle von Korrelationen und der Dynamik reichen. Das Verständnis von Nichtgleichgewichtsphänomenen stark korrelierter Systeme ist eine weitreichende Aufgabe. Einblick in solche Systeme wird ermöglicht durch die Untersuchung von Systemen mit wenigen Teilchen, die nur eine kleine Anzahl relevanter Freiheitsgrade besitzen. Dennoch müssen Quantenkorrelationen zwischen den Teilchen berücksichtigt werden. Die vorliegende Dissertation trägt zum Verständnis der Nichtglichgewichtsdynamik stark korrelierter Quanten-Vielteilchensysteme bei, durch Untersuchung von Systemen mit wenigen Bosonen, die einer oder zwei Spezies zugehören und in optischen Gittern gefangen sind. Die Systeme werden aus dem Gleichgewicht gebracht, entweder durch einen Quench (plötzliche Änderung) eines Hamilton-Parameters oder durch eine zeitperiodischen Modulation der auß eren Begrenzung. Im Laufe einiger konsekutiven Untersuchungen zeigen wir verschiedene Möglichkeiten, die Nichtgleichgewichtsmoden zu koppeln, und enthüllen ihre korrelierte Natur und mikroskopische Herkunft. Um die Nichtgleichgewichtsdynamik zu simulieren, nutzen wir eine verfeinerte, hochflexible Ab-initio-Methode zur numerischen Lösung der zeitabhängigen Mehrkörper-Schrödinger-Gleichung namens 'Multi-Layer Multi-Configuration Time-Dependent Hartree Method for Atomic Mixtures' (ML-MCTDHX). Im ersten Teil untersuchen wir in sechs aufeinander folgenden Studien die korrelierte Nichtgleichgewichtsdynamik von Systemen, bestehend aus wenigen Bosonen, in eindimensionalen endlichen Gittern. Beginnend bei schwachen Wechselwirkungen wird gezeigt, dass eine abrupte Erhöhung der Interaktionsstärke eine globale Dichtewellentunneldynamik sowie Intra-Topf-Breathing und Cradle-ähnliche Prozesse in angeregten Bändern generiert. Der Cradle-Prozess ist ein dipolähnlicher Prozess, der durch den quench-induzierten Transport über die Barriere erzeugt wird und eines der zentralen Ergebnisse der vorliegenden Dissertation darstellt. Die Wechselwirkungs-Quenches koppeln auf bemerkenswerte Art und Weise die Dichtewellen- und Cradle-Moden, und induzieren Resonanzphänomenen zwischen der Inter- und Intra-Topf-Dynamik. Wir zeigen weiter, dass die Cradle-Mode inhärent mit der anfänglichen Delokalisierung verknüpft ist und nach einem Quench von starken zu schwachen Wechselwirkungen nur für inkommensurable Konfigurationen mit Füllung größ er als Eins angeregt werden kann. Alternativ wird eine plötzliche Verringerung der Gittertiefe eingesetzt, die die räumliche Delokalisierung begünstigt und die Cradle-Mode für Setups mit Füllung kleiner als Eins zugänglich macht. Durch Verwendung eines Protokolls mit mehreren Wechselwirkungs-Quenches beobachten wir den Anstieg von mehreren Tunnelmoden in den niedrigsten Bändern sowie die Cradle- und Breathing-Mode. Neben der Cradle-Mode sind alle anderen angeregten Moden in hohem Maß e kontrollierbar und besitzen unterschiedliche Frequenzen während und zwischen den Quenches. In der Anregungsdynamik wird ein monotones Verhalten mit zunehmender Quenchamplitude und eine nichtlineare Abhängigkeit von der Dauer der Anwendung der Quench Wechselwirkungsstärke aufgedeckt. Zusätzlich wird ein periodischer Populationstransfer zwischen Impulsen für Quenches mit zunehmender Interaktion beobachtet, folgend einem Potenzgesetz für die Frequenz in Abhängigkeit von der Quenchamplitude. Lineare Wechselwirkungs-Quenches von einem suprafluiden zu einem Mott-Isolator-Zustand regen verschiedene Inter- und Intraband-Tunnelmoden an. Die Konkurrenz zwischen der Quenchrate und der Interpartikelabstoß ung führt zu einer resonanten dynamischen Antwort bei moderaten linearen Quenchzeiten, die in Zusammenhang mit vermiedenen Kreuzungen im Vielkörpereigenspektrum steht. Es wird gezeigt, dass die resultierende Anregungsdynamik der höheren Bänder einem exponentiellen Zerfall unterliegt, der zwei unterschiedliche Zeitskalen besitzt mit variierender Rampenzeit. Bei der Untersuchung des Übergangs von flachen zu tiefen Gittern finden wir heraus, dass für einen diabatischen Quench der Anteil der angeregten Bänder abnimmt, während er im adiabatischen Limes ein nichtlineares Verhalten aufweist mit zunehmender Höhe der Potentialbarriere. Quenches von starken zu schwachen Wechselwirkungen führen zu einem Zusammenbruch des Mott-Isolators und zu vernachlässigbaren Anregungen höherer Bänder. Das Ausführen von Quenches des Wellenvektor oder der Phase eines räumlich abhängigen Interaktionsprofils löst eine Streuung in verschiedene Tunnelkanäle und eine reiche Anregungsdynamik aus, die bei höherer Inhomogenitätsamplitude verstärkt wird. Besonders wichtig ist dabei, dass der Phasen-Quench einen gerichteten Transport induziert, der es uns ermöglicht, zwischen ursprünglich energetisch entarteten Tunnelwege zu differenzieren. Anschließ end beobachten wir einen periodischen Populationstransfer zwischen verschiedenen Impulsen für Quenches mit zunehmendem Wellenvektor und eine gerichtete Besetzung von höheren Impulsen nach einem Phasen-Quench. Wenn wir eine zusätzliche harmonische Falle von starker zu schwacher Frequenz quenchen, stellen wir fest, dass die Konkurrenz zwischen der anfänglichen Lokalisierung und der absto/ss enden Wechselwirkung zu einer resonanten Reaktion des Systems führt, die in Zusammenhang mit vermiedenen Kreuzungen im Vielkörpereigenspektrum bei variierender Endfallenfrequenz steht. Daruber hinaus zeigen wir, dass diese vermiedenen Kreuzungen genutzt werden können, um das System in einem Wunschzustand zu präparieren. Der zweite Teil umfasst zwei Studien und widmet sich der Analyse der Nicht-Gleichgewichtsdynamik von ultrakalten bosonischen Ensembles in periodisch getriebenen eindimensionalen optischen Gittern. Für ein geschütteltes Gitter wird eine groß e Bandbreite von Treibfrequenzen abgedeckt und ein resonantes Verhalten der Intrawell-Dynamik aufgedeckt, das mit einem reichen Intraband-Anregungsspektrum in Zusammenhang steht. Darüber hinaus wird gezeigt, dass für eine zunehmende Abstoß ung eine starke Unterdrückung des Inter-Topf-Tunnelns und eine verstärkte Anregungsdynamik auftritt. Für ein vibrierendes Gitter führt ein zusätzlicher Wechselwirkungs-Quench zu Beimischungen verschiedener Anregungen in den äuß eren Töpfen, einem verstärkten Breathing in der Mitte und einer Verstärkung der entstehenden Tunneldynamik. Das Auftreten von mehrfachen Resonanzen zwischen der Inter- und Intra-Topf-Dynamik bei unterschiedlichen Quenchamplituden wird aufgezeigt, wobei die Position der Resonanzen über die Treibfrequenz abstimmbar ist und somit eine weitere Steuerung der Modenkopplung in optischen Gittern ermöglicht. Im dritten und letzten Teil dieser Arbeit wird die Quenchdynamik einer Bose-Bose- und einer Bose-Fermi-Mischung aufgeklärt. Unter Verwendung eines Interspezies-Interaktions-Quenchs überschreiten wir die Mischbarkeits-Unmischbarkeits-Schwelle in einer harmonisch begrenzten Bose-Bose-Mischung. Wir zeigen, dass eine Erhöhung des Interspezieswechelwirkungsstärke zu einer Filamentierung der Dichte jeder Spezies führt, wobei die spontan erzeugten Filamente stark korreliert sind und Domänenwandstrukturen aufweisen. Bemerkenswerterweise wird die Bildung von mehreren dunkel-antidunkel solitären Wellen beobachtet, wenn man dem umgekehrten Quench-Protokoll folgt, das heißt, wenn man die Interspezieswechselwirkungsstärke verringert. Diese solitären Wellenstrukturen zerfallen in die Vielkörperumgebung kurz nach ihrer Erzeugung, in scharfem Gegensatz zu den Vorhersagen der Mean-Field-Approximation. Um unsere Ergebnisse mit möglichen experimentellen Realisierungen zu verknüpfen, simulieren wir zum ersten Mal für binäre Mischungen Momentaufnahmen, die zeigen, dass die Wachstumsrate der Varianz einer Stichprobe von Momentaufnahmen den Grad der Verschränkung, inhärent im System, sondiert. Als nächsten Schritt untersuchen wir die Expansionsdynamik einer Bose-Fermi-Mischung mit gleicher Masse, die in einem eindimensionalen optischen Gitter gefangen ist, indem die verwendete harmonische Falle von stark zu schwach geschaltet wird. Indem wir die Interspezies-Interaktionsstärke verändern, realisieren wir die nicht mischbaren und mischbaren korrelierten Grundzustandsphasen. Wir zeigen weiter, dass die dynamische Reaktion des Systems entscheidend von der Anfangsphase abhängt und aus einer Ausdehnung aller Wolken und einer Inter-Topf-Tunnel-Dynamik besteht. Durch Variieren der Quenchamplitude wird eine Vielzahl von Reaktionsregimen im Bezug auf eine feste Phase enthüllt, die innerhalb der nicht mischbaren Phase reicher sind und durch unterschiedliche Expansionsstärken und Tunnelkanäle beschrieben werden. Schließ lich wird in der Expansionsdynamik ein antikorreliertes Zwei-Körper-Verhalten zwischen den überwiegend besetzten Töpfen enthüllt.

Titel

Kurzfassung

Summary

Ultracold atoms in optical lattices constitute a versatile many-body platform with highly tunable parameters, allowing us to emulate a multitude of complex quantum systems, in the laboratory, even those eluding analytical treatment. In particular, the nonequilibrium dynamics of strongly correlated many-body systems represents one of the most challenging problems of modern quantum physics, with applications ranging from thermalization dynamics and transport properties to the management of correlations and the control of the dynamics. Understanding nonequilibrium phenomena of strongly correlated systems is a formidable task. A very promising route to gain insight into such systems is to examine few-body setups which contain only a few relevant degrees of freedom, yet incorporating the quantum correlations between the particles. The present dissertation contributes to the understanding of the nonequilibrium dynamics of strongly-correlated quantum many-body systems by exploring systems of few-bosons - of one or two species $-$ trapped in optical lattices. The systems are driven out-of-equilibrium either by performing a quench of a Hamiltonian parameter or by considering a time-periodic modulation of the external confinement. In the course of several consecutive works, we showcase different ways to couple the nonequilibrium modes, while unveiling their correlated nature and microscopic origin. To simulate the nonequilibrium dynamics, a sophisticated, highly flexible ab-initio method for numerically solving the time-dependent many-body Schrödinger equation is utilized, namely the Multi-Layer Multi-Configuration Time-Dependent Hartree Method for Atomic Mixtures (ML-MCTDHX). Within the first part we study in six consecutive works the correlated nonequilibrium dynamics of few-boson systems in one-dimensional finite lattices. Starting from weak interactions, it is shown that a sudden increase of the interaction strength generates a global density-wave tunneling dynamics as well as intrawell breathing and cradle-like excited-band processes. The cradle process is a dipole-like process generated by the quench-induced over-barrier transport and it is one of the central results of the present thesis. Remarkably enough, the interaction quenches couple the density-wave and cradle modes, inducing resonance phenomena between the inter and intrawell dynamics. We further show that the cradle mode is inherently related to the initial delocalization and, following a quench from strong-to-weak interactions, can be excited only for incommensurate setups with filling larger than unity. Alternatively, a sudden ramping down of the lattice depth which favors the spatial delocalization is employed to access the cradle mode for setups with filling smaller than unity. Following a multiple interaction quench protocol, we observe the rise of several lowest-band tunneling modes as well as the cradle and the breathing mode. Besides the cradle mode, all other excited modes are highly tunable possessing different frequencies during and in between the quenches. In the excitation dynamics a monotonic behavior with increasing quench amplitude and a non-linear dependence on the duration of the application of the quenched interaction strength is revealed. Additionally, a periodic population transfer between momenta for quenches of increasing interaction is observed, with a power-law frequency dependence on the quench amplitude. Linear interaction quenches from a superfluid to a Mott-insulator state excite various inter- and intraband tunneling modes. The competition between the quench rate and the interparticle repulsion leads to a resonant dynamical response, at moderate ramp times, being related to avoided-crossings in the many-body eigenspectrum. The resultant higher-band excitation dynamics is shown to obey an exponential decay possessing two distinct time scales with varying ramp time. Inspecting the crossover from shallow to deep lattices we find that for a diabatic quench the excited-band fraction decreases, while approaching the adiabatic limit it exhibits a nonlinear behavior for increasing height of the potential barrier. Quenching from strong-to-weak interactions leads to a melting of the Mott-insulator and negligible higher-band excitations. Performing quenches either on the wavevector or the phase of a spatially dependent interaction profile triggers various tunneling channels and a rich excitation dynamics which is amplified for increasing inhomogeneity amplitude. Most importantly, the phase quench is shown to induce a directional transport enabling us to discern, otherwise, energetically degenerate tunneling pathways. Finally, a periodic population transfer between distinct momenta for quenches of increasing wavevector and a directed occupation of higher momenta following a phase quench is observed. Employing a quench of an additional harmonic trap from strong-to-weak confinement, we find that the competition between the initial localization and the repulsive interaction leads to a resonant response of the system related to avoided-crossings in the many-body eigenspectrum with varying final trap frequency. Furthermore, we show that these avoided-crossings can be utilized to prepare the system in a desired state. The second part comprises two efforts and is devoted to the study of the nonequilibrium dynamics of finite ultracold bosonic ensembles in periodically driven one-dimensional optical lattices. For a shaken lattice, a wide range of driving frequencies is covered and a resonant behavior of the intrawell dynamics is revealed and found to be related to a rich intraband excitation spectrum. Moreover, it is shown that for increasing repulsion a strong suppression of the interwell tunneling and an enhanced excitation dynamics occurs. For a vibrating lattice, an additional interaction quench gives rise to admixtures of different excitations in the outer wells, an enhanced breathing in the center and an amplification of the emerging tunneling dynamics. The occurence of multiple resonances between the inter- and intrawell dynamics at different quench amplitudes is revealed, with the position of the resonances being tunable via the driving frequency and thus allowing for further control of the mode coupling in optical lattices. In the third and final part of this thesis we unravel the quench dynamics of a Bose-Bose and a Bose-Fermi mixture. Utilizing an interspecies interaction quench we cross the miscibility-immiscibility threshold in a harmonically confined Bose-Bose mixture. We show that increasing the interspecies repulsion coefficient results in a filamentation of the density of each species, with the spontaneously generated filaments being strongly correlated and exhibiting domain-wall structures. Strikingly, by following the reverse quench protocol, i.e., upon decreasing the interspecies interaction strength, the formation of multiple dark-antidark solitary waves is observed. These solitary wave structures are found to decay into the many-body environment, soon after their generation in sharp contrast to the predictions of the mean-field approximation. To relate our findings with possible experimental realizations, we simulate, for the first time for binary mixtures, single-shot images showcasing that the growth rate of the variance of a sample of single-shots probes the degree of entanglement inherent in the system. As a next step we investigate the expansion dynamics of a mass balanced Bose-Fermi mixture confined in a one-dimensional optical lattice upon quenching an imposed harmonic trap from strong-to-weak confinement. Tuning the interspecies interaction strength we realize the immiscible and miscible correlated ground state phases. We further show that the system's dynamical response crucially depends on the initial phase and consists of an expansion of each cloud and an interwell tunneling dynamics. Varying the quench amplitude and referring to a fixed phase a multitude of response regimes is unveiled, being richer within the immiscible phase, which are described by distinct expansion strengths and tunneling channels. Finally, in the expansion dynamics a two-body anti-correlated behavior between the predominantly occupied wells is unveiled.