Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der wechselseitigen Abhängigkeit von Nicht-Gleichgewicht-Leitungselektronen und räumlich inhomogenen ferromagnetischen Ordnungsparametern. Hierzu wird innerhalb der Theorie der linearen Antwort nicht-kollinearer Magnettransport mittels einer halb-klassischen Transporttheorie untersucht. Besondere Beachtung wird dabei auf Spin-abhängige Transport-Phänomene gelegt, die geeignet erscheinen, Verwendung in spintronischen Bauteilen zu finden. Ferner wird der magnetische Vortex als ausgewählter Aspekt strominduzierter Magnetisierungsdynamik eingehend betrachtet.
Anhand der Manipulation der Magnetisierungstextur vermöge des Spin-Drehmoment-Übertrages wird für einen magnetischen Vortex der Vorschlag eines eindeutigen Lese- und Schreibmechanismus für eine nicht-flüchtige magnetische Speichereinheit herausgearbeitet. Eine Realisierung eines Vortex Random-Access Memory (VRAM) wird vorgeschlagen, das aus Zellen aufgebaut ist, die Vortizes enthalten, und einzig durch Wechselströme kontrolliert wird. Hierbei wird die Dynamik der Vortizes in einer kollinearen Anordnung von elektrischem Strom und magnetischem Feld mit Hilfe der Händigkeit des Vortex kontrolliert, die als Produkt der booleschen, topologischen Größen Chiralität und Kern-Polarisierung definiert ist. Die Händigkeit des Vortex bietet neben der Bit-Darstellung insbesondere die Möglichkeit eines direkten Schreib- und Auslese-Mechanismus der Bit-Information. Der vorgeschlagene Entwurf erlaubt es, den Vortex innerhalb einer Zeitskala, die sich unterhalb des Bereichs von Nanosekunden befindet, unabhängig von der Ausgangskonfiguration in einen eindeutigen Binärzustand zu versetzen.
Die Kopplung zwischen elektrischem Strom und Magnetisierung wird auf zwei Abstraktionsebenen betrachtet. Zuerst wird der Einfluss der wechselseitigen dynamischen Kopplung von Strom und Magnetisierung anhand des anisotropen Magnetwiderstandes auf die strominduzierte Vortex-Gyration mittels klassischem Elektronentransport untersucht, wobei besondere Beachtung nicht-linearen Effekten zukommt. Der anisotrope Magnetwiderstand findet in einer klassischen Herangehensweise an den elektrischen Transport vermöge phänomenologischer Transport-Koeffizienten Berücksichtigung, die auf Basis der makroskopischen Transportgleichung die Berechnung realistischer Strompfade regulieren. Der Einfluss der Spin-Bahn-Wechselwirkung auf den Elektronentransport und Spin-Drehmoment-Übertrag wird somit auf makroskopischer Ebene betrachtet. Die Behandlung der wechselseitigen, nicht-linearen Abhängigkeit von spin-polarisiertem Strom und Magnetisierungsdynamik erfolgt numerisch, indem die konstituierenden Gleichungen - die erweiterte Landau-Lifshitz-Gilbert und die Poisson Gleichungen - selbstkonsistent gelöst werden. Hieraus kann ein nicht-linearer Einfluss des anisotropen Widerstandes auf die Gyration des Vortex gefolgert werden, der in einer geometrieabhängigen Renormierung des Kopplungsparameters des Spin-Drehmoment-Übertrages resultiert.
Des Weiteren wird ein halbklassischer Transport-Formalismus entwickelt, der eine gleichberechtigte Behandlung von Elektron- und Spin-Transport und somit eine akkurate Beschreibung von Magnettransport in räumlich stark variierenden Magnetisierungtexturen erlaubt. Während der entwickelte Formalismus die quantenmechanische Natur des Spins des Ladungselektrons vollkommen berücksichtigt, werden räumliche und Impulsfreiheitsgrade quasi-klassisch behandelt. Für generelle, räumlich schwach variierende Magnetisierungstexturen werden die Transportkoeffizienten für den Ladungsstrom, den Spin-Drehmoment-Übertrag und den Tensor des Spin-Stromes in Abhängigkeit von mikroskopischen Streuzeiten berechnet. Soweit es generelle, räumlich langsam variierende Magnetisierungstexturen anbelangt, wird eine Beschreibung adiabatischen, nicht-kollinearen Magnettransports gemäß eines Vier-Kanal-Modells vorgeschlagen, das neben den Majoritäts- und Minoritäts-Spin-Kanälen des kollinearen Magnettransports zusätzlich zwei weitere transversale Kanäle aufweist, die den Spin-Drehmoment-Übertrag konstituieren. Der abgeleitete Ausdruck für den Grad der Nicht-Adiabatizität identifiziert die intrinsische Verdrehung der Spin-Kanäle als dessen mikroskopische Ursache.
Für den Fall einer Domänenwand erlaubt die entwickelte Transport-Umgebung die analytische Berechnung des räumlich aufgelösten Spin-Drehmoment-Übertrages, des Domänenwand-Widerstandes und des Impulsübertrages. Sie werden als Prozesse aufeinander folgender Ordnung einer Störungsentwicklung der kinetischen Gleichung in der Verdrehung durch die Magnetisierungtextur identifiziert. Für besonders schmale Wände stellt sich heraus, dass die gemeinsame Behandlung von gekoppeltem Ladungs- und Spin-Transport überraschende physikalische Einsichten nach sich zieht, sofern diffuser Ladungs-Transport und ballistischer Spin-Transport vorliegt. Im Falle ballistischen Spin-Transports oszilliert sowohl der lokale Spin-Drehmoment-Übertrag als auch der lokale Grad der Nicht-Adiabatizität innerhalb der Domänenwand. Aufgrund von Spin Mistracking erhöht sich der Grad der Nicht-Adiabatizität in schmalen Wänden drastisch und weist darüber hinaus einen Vorzeichenwechsel in Abhängigkeit der Domänenwandbreite auf, der die Möglichkeit der Kontrolle über die Domänenwanddynamik vermöge der Probengeometrie in Aussicht stellt und somit neue Perspektiven für Speicheranwendungen und Domänenwandlogik aufzeigt. Die konsistente Behandlung von Ladungs- und Spin-Transport innerhalb der geschaffenen halb-klassischen Transport-Umgebung enthüllt auf natürliche Art und Weise die Verbindung zwischen dem Nicht-Adiabatischen Spin-Drehmoment-Übertrag und dem intrinsischen Domänenwand-Widerstand beziehungsweise dem Impulsübertrag. Insbesondere wird die erhöhte Nicht-Adiabatizität aufgrund des Spin Mistracking eindeutig als Ursache des Domänenwand-Widerstandes und Impulsübertrages identifiziert. Die generisch auftretenden Oszillationen im Spin-Drehmoment-Übertrag, im Domänenwand-Widerstand und im Impulsübertrag finden somit ihre Ursache in der quantenmechanischen Natur des Spins und betonen die besondere Rolle, die dem Spin-Freiheitsgrad der Leitungselektronen in nicht-kollinearem Magnettransport zukommt. Die Gegenwart eines Vorzeichenwechsels in Abhängigkeit der Breite der Domänenwand resultiert aus der stark erhöhten Kopplung zwischen dem Spin des Leitungselektrons und der lokalen magnetischen Momente in schmalen Domänenwänden; insbesondere gibt sie Aufschluss über die lang währende Kontroverse um das Vorzeichen des Domänenwand-Widerstandes. Die Existenz eines Vorzeichenwechsels erfordert eine Kombination von drei Voraussetzungen: konsistente Behandlung von transversalen Freiheitsgraden aufgrund des Spin Mistrackings, spin-abhängige Streuung an Verunreinigungen, so dass der Strom hauptsächlich von den Minoritäts-Ladungsträgern getragen wird, und ballistischer Spin-Transport, auf Grund dessen die Kohärenz im Spin-Sektor gewährleistet ist.
This thesis deals with the mutual interaction of non-equilibrium conduction electrons and spatially inhomogeneous ferromagnetic order parameters. For this purpose non-collinear magnetotransport is studied within linear response theory by means of a semiclassical transport framework. Particular emphasis is attached on spin-dependent transport properties with the prospect of spintronics applications. The magnetic vortex is as a selected aspect investigated in detail concerning current-induced magnetization dynamics.
For the case of a magnetic vortex the distinct manipulation of the magnetization texture via the spin-transfer torque phenomenon is exploited in a proposal for an unambiguous writing and reading mechanism for a non-volatile magnetic memory device. A realization of a vortex random-access memory (VRAM) containing vortex cells that are controlled by alternating currents only is proposed. In a collinear electric current and magnetic field arrangement the dynamics of the vortex is entirely controlled by its handedness that is defined as the product of the vortex' boolean, topological quantities chirality and core polarization. The vortex handedness as a bit representation allows direct mechanisms for reading and writing the bit information. The proposed scheme allows transferring the vortex into an unambiguous binary state regardless of its initial state within a sub-nanosecond time scale.
The coupling of electric current and magnetization is investigated on two levels of abstraction. First, for the case of a magnetic vortex the mutual dynamical coupling of current and magnetization is investigated by means of classical electron transport theory with emphasis on non-linear effects. The anisotropic magnetoresistance effect is considered within a classical approach to electrical transport in terms off phenomenological transport coefficients that govern realistic current paths via macroscopic transport equation. This treatment covers the effect of spin-orbit interactions on electron transport and the spin-transfer torque on a macroscopic level. The mutual non-linear dependence of spin-polarized electric current and magnetization dynamics is considered numerically by self-consistently solving the constituting equations, the extended Landau-Lifshitz-Gilbert equation and Poisson's equation. Herefrom, a non-linear influence of the anisotropic magnetoresistance on the vortex gyration is deduced that results in a geometry-dependent renormalization of the spin-transfer torque coupling parameter.
Secondly, a semiclassical transport framework is developed that treats electron and spin transport on equal footing and allows for an accurate description of magnetotransport in spatially strongly varying magnetization textures. The formalism fully accounts for the quantum mechanical nature of the conduction electron's spin degree of freedom while it treats its spatial and momentum degrees of freedom quasiclassically. For general spatially slowly varying magnetization textures the transport coefficients for the charge current, the spin-transfer torque, and the spin-current tensor are derived in terms of microscopic scattering times.
Concerning general, spatially slowly varying magnetization textures a description of adiabatic non-collinear magnetotransport is proposed in terms of a four channel model that comprises additionally to the majority and minority spin-channels familiar from collinear magnetotransport, two transverse channels that are responsible for the spin-transfer torque. The resulting expression for the degree of non-adiabaticity identifies the intrinsic twist of spin channels in non-collinear magnetization textures as the origin of non-adiabaticity.
In the case of a domain wall the transport framework allows for the analytical computation of the spatially resolved spin-transfer torque, domain-wall resistivity and momentum transfer. They are identified as processes of successive order by a perturbative expansion of the kinetic equation in the magnetization twist. In narrow domain walls it turns out that the treatment of coupled charge and spin transport offers startling insight in fascinating physics in an intermediate transport regime that comprises diffusive charge transport and ballistic spin transport at the same time. In the case of ballistic spin transport the spin-transfer torque as well as the local degree of non-adiabaticity oscillate within the region of the domain wall. For narrow domain walls the degree of non-adiabaticity is strongly enhanced due to spin mistracking and exhibits a sign change in dependence on the domain-wall width that suggests the possibility for a geometrical control of domain wall dynamics and opens new perspectives for memory applications and domain-wall logic. The consistent treatment of charge and spin transport within the semiclassical framework discovers a natural connection between the non-adiabatic spin-transfer torque and the intrinsic domain-wall resistivity as well as the momentum transfer. In particular, the enhanced non-adiabaticity due to spin mistracking is unambiguously identified as the origin of domain-wall resistivity and momentum transfer. The oscillations in the spin-transfer torque, the domain-wall resistivity and the momentum transfer are of quantum origin and emphasize the particular role the spin degree of freedom of the conduction electrons takes with respect to non-collinear magnetotransport. A sign change with the domain-wall width stems from the enhanced coupling of conduction electron spin and local moments in narrow domain walls and sheds light on the long-standing controversy about the sign of the domain-wall resistivity. To observe a sign change a combination of three ingredients is required: consistent treatment of transverse degrees of freedom with respect to spin mistracking, spin-dependent impurity scattering such that the current is carried by the minority electrons, and ballistic spin transport to mediate the coherence within the spin sector.