Stefan Pabst, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2012 :

"Neue theoretische Ansätze für die Beschreibung atomarer und molekularer Dynamik auf einer Zeitskale von Atto- bis Pikosekunden induziert durch ultrakurze Lichtpulse "


"New Theoretical Approaches to Atomic and Molecular Dynamics triggered by ultrashort Light Pulses on the Atto- to Picosecond Time Scale"



Schlagwörter: Ultrafast processes, photoionization, multiphoton ionization, high-harmonics generation, attosecond transient absorption spectroscopy, decoherence, entanglement dynamics, TDCIS, ab initio calculations, interchannel interactions, photon interactions with molecules, laser alignment of molecules in 3D, x-ray diffraction from aligned molecules
PACS : 32.80.-t, 33.80.-b
Volltext

Summary

Kurzfassung

Das Konzept der Atome als Grundbausteine der Materie existiert schon seit über 3000 Jahren. Eine Revolution im Verständnis von Atomen und Molekülen ereignete sich im letzten Jahrhundert mit der Geburt der Quantenmechanik. Nachdem die elektronische Struktur verstanden war, stieg das Interesse die Dynamik von Elektronen, Atomen und Molekülen zu studieren. Aus technischen Gründen war es bis vor Kurzem nur schwer möglich, diese ultraschnellen Prozesse zeitaufgelöst zu untersuchen. Die typische Zeitskala von atomaren und molekularen Prozessen liegt im Piko- bis Attosekundenbereich. Der enorme technische Fortschritt in den letzten Jahren ermöglicht es heutzutage Lichtpulse auf diesen Zeitskalen zu erzeugen. Mit diesen ultrakurzen Pulsen können atomare und molekulare Dynamiken generiert, beobachtet und kontrolliert werden. Mit dem technischen Fortschritt steigt auch der Bedarf an theoretischen Modellen, die die zugrunde liegenden Mechanismen erklären.

Diese Doktorarbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung von theoretischen Modellen, mit denen das zeitliche Verhalten von Elektronen, Atomen und Molekülen in der Gegenwart von kurzen Lichtpulsen studiert werden kann. Mehrere Beispiele, wie Lichtpulse gezielt elektronische, atomare und molekulare Bewegungen auslösen und kontrollieren können, werden diskutiert.

Im ersten Teil dieser Arbeit liegt der Fokus auf der Rotationsdynamik von asymmetrischen Molekülen, welche im Bereich von hunderten von Femtosekunden bis hunderten von Pikosekunden liegt. Dabei ist das Ziel alle drei Achsen des Moleküles so gut wie möglich auszurichten. Um dies theoretisch zu studieren, entwickelte ich ein Programm, dass adiabatische und nicht-adiabatische Ausrichtungsdynamiken beschreiben kann. Anhand von SO2 werden Strategien diskutiert, um eine optimale 3D-Ausrichtung in Abwesenheit eines Feldes zu erreichen, sodass nachfolgende Experimente nicht von dem ausrichtenden Feld gestört werden. Moleküle in der Gasphase mit einem hohen Grad an Ausrichtung sind ideal für Streuexperimente. Das Streubild enthält Informationen über die molekulare Struktur, die durch geeignete Verfahren aus dem Streubild extrahiert werden kann. Dies wird am Beispiel von laser-ausgerichtetem Naphthalin-Molekülen (C10H8) demonstriert. Die Qualität der Ausrichtung der Naphthalinmoleküle ist entscheidend für die Rekonstruktion der molekularen Struktur.

Im zweiten Teil werden Ionisierungsdynamiken von Atomen untersucht. Die charakteristische Zeitskala liegt hier im Attosekunden- bis Femtosekundenbereich. Obwohl viele Ionisierungsprozesse mit einem Ein-Teilchenbild beschrieben werden können, treten immer wieder interessante Multielektroneffekte auf. Basierend auf einem zeitabhängigen configuration-interaction singles (TDCIS) Ansatz studiere ich das zeitliche Verhalten solcher Multielektroneffekte. Bei der Photoionisierung von atomarem Xenon mit einem Attosekundenpuls treten unerwartete Korrelationen zwischen dem ionisierten Elektron und dem Ion auf. Diese Elektron-Ion-Verschränkung schlägt sich in Form einer reduzierten Kohährenz in dem Ion nieder. Mittels Absorptionsspektroskopie kann die Population und die Kohärenz der ionischen Zustände mit einer Genauigkeit von wenigen Attosekunden ausgelesen werden. Sogar die Ionisierungsdynamik selbst kann beobachtet werden. Dabei treten feldgetriebene Wechselwirkungen zwischen dem Elektron und dem Ion auf, die sich deutlich in der Linienstruktur des transmittierten Spektrums erkennen lassen. Auch bei der Erzeugung von hohen Harmonischen (high-harmonic generation oder kurz HHG) kommt es zu Wechselwirkungen, die den Zustand des Ions verändern können. Solche Effekte werden Interkanalkopplungen genannt und sind im HHG-Spektrum sichtbar, wie meine Untersuchungen an Argon und Xenon zeigen.

All diese Beispiele demonstrieren auf der einen Seite, wie ultrakurze Pulse komplexe elektronische, atomare, und molekulare Bewegungen initiieren können. Auf der anderen Seite erlauben diese Pulse, die initiierten Bewgungen zu beobachten und zu kontrollieren.

Titel

Kurzfassung

Summary

The concept of atoms as the building blocks of matter has existed for over 3000 years. A revolution in the understanding and the description of atoms and molecules has occurred in the last century with the birth of quantum mechanics. After the electronic structure was understood, interest in studying the dynamics of electrons, atoms, and molecules increased. However, time-resolved investigations of these ultrafast processes were not possible until recently. The typical time scale of atomic and molecular processes is in the picosecond to attosecond realm. Tremendous technological progress in recent years makes it possible to generate light pulses on these time scales. With such ultrashort pulses, atomic and molecular dynamics can be triggered, watched, and controlled. Simultaneously, the need rises for theoretical models describing the underlying mechanisms.

This doctoral thesis focuses on the development of theoretical models which can be used to study the dynamical behavior of electrons, atoms, and molecules in the presence of ultrashort light pulses. Several examples are discussed illustrating how light pulses can trigger and control electronic, atomic, and molecular motions.

In the first part of this work, I focus on the rotational motion of asymmetric molecules, which happens on picosecond and femtosecond time scales. Here, the aim is to align all three axes of the molecule as well as possible. To investigate theoretically alignment dynamics, I developed a program that can describe alignment motion ranging from the impulsive to the adiabatic regime. The asymmetric molecule SO2 is taken as an example to discuss strategies of optimizing 3D alignment without the presence of an external field (i.e., field-free alignment). Field-free alignment is particularly advantageous because subsequent experiments on the aligned molecule are not perturbed by the aligning light pulse. Well-aligned molecules in the gas phase are suitable for diffraction experiments. From the diffraction pattern, information about the molecular structure can be gained. This is illustrated with the example of laser-aligned naphthalene molecules (C10H8). Furthermore, I demonstrate that the quality of the molecular alignment is essential for the reconstruction of the molecular structure.

In the second part of this work, the ionization dynamics of atoms is studied. The characteristic time scale lies, here, in the attosecond and the few-femtosecond regime. Although a one-particle picture has been successfully applied to many ionization processes, important many-body effects do constantly occur. Based on a time-dependent configuration-interaction singles (TDCIS) approach, I study the temporal behavior of these many-body effects. During the photoionization of atomic xenon, unexpected correlation effects between the ionized electron and the ion occur. This electron-ion entanglement results in a reduced coherence within the ion. Populations and coherences of the ionic states are probed with attosecond precision using transient absorption spectroscopy. Even the subcycle ionization dynamics can be studied with this technique. Here, field-driven dressing effects between the ion and the freed electron appear, which I investigate on atomic krypton. Interactions between the ion and the electron, which modify the ionic states, occur also in high-harmonic generation (HHG). They are visible in the HHG spectrum as my studies of argon and xenon show.

All these examples demonstrate on the one side, ultrashort pulses can be used to initiate complex electronic, atomic, and molecular motions. On the other side, it is also possible to probe and to control these dynamical processes with ultrashort pulses.