Sebastian Freund, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2022 :

"Der stellare Anteil von weichen Röntgen-Himmelsdurchmusterungen"


"The stellar content of soft X-ray surveys"



Summary

Kurzfassung

In der Chromosphäre kühler Sterne beginnt die Temperatur mit zunehmender Höhe zu steigen und in der Korona werden Werte von mehr als 10^6 K erreicht. Daher emittiert die Korona den größten Teil ihrer Leuchtkraft als weiche Röntgenstrahlung. Ihr Beitrag zur Gesamtenergieabgabe des Sterns ist aufgrund der geringen Dichte der Korona jedoch gering. Der Mechanismus, der zur Aufheizung der Korona führt, ist noch nicht vollständig geklärt, es wird jedoch angenommen, dass Magnetfelder eine wesentliche Rolle spielen. Die Untersuchung großer Samples stellarer Röntgenquellen ermöglicht es, die Beziehung zwischen der Röntgenaktivität und der Masse, dem Alter und der Sternrotation zu bestimmen. Counterparts im optischen oder nahen Infrarot (NIR) zu den Röntgenquellen liefern zusätzliche Informationen über die Quelle, z.B. optische Helligkeit, Farbe und Parallaxe, und helfen bei der Identifikation von stellaren Quellen. Die Wahrscheinlichkeit, Counterparts zu erhalten, die sich zufällig in der gleichen Richtung befinden, aber nicht mit der Röntgenquelle assoziiert sind, ist jedoch oft hoch, da die Positionsunsicherheit von Röntgendetektionen im Vergleich zu anderen Wellenlängenbereichen meistens groß ist. Diese Arbeit befasst sich mit Methoden zur Identifizierung des stellaren Anteils von großen Röntgendurchmusterungen. Aufgrund der großen Anzahl von Röntgenquellen werden automatische Algorithmen vorgestellt, die typischerweise geometrische und weitere Eigenschaften der Counterparts berücksichtigen. Die daraus resultierenden flusslimitierten Samples von stellaren Röntgenquellen werden anschließend analysiert. Nach einer Einführung in den Hintergrund dieser Arbeit stelle ich den stellaren Anteil des XMM-Newton Slew Surveys (XMMSL2) vor, der ausschließlich aus den geometrischen Abständen zwischen den XMMSL2-Quellen und Counterparts aus verschiedenen optischen und NIR-Katalogen bestimmt wird. Das Ergebnis besteht aus 5920 glaubwürdigen stellare Röntgenquellen und es wird eine Vollständigkeit und Zuverlässigkeit von mehr als 96 % erwartet. Für die erste Identifizierung des gesamten stellaren Anteils des ROSAT All-Sky Surveys (RASS) werden Bayes-Maps verwendet, um weitere Eigenschaften der Counterpart zusätzlich zur geometrischen Übereinstimmung zu berücksichtigen. Es wird gezeigt, dass die Ergebnisse nur geringfügig von den Details der Schätzung der Bayes-Map abhängen. Mit diesem Verfahren werden mehr als 28000 RASS-Quellen als stellar identifiziert, was die bisher größte Auswahl stellarer Röntgenquellen darstellt. Es handelt sich um ein flusslimitiertes Sample, das alle Typen von Sternen enthält, die zuvor separat untersucht wurden. Anhand der für jede Quelle angegebenen Wahrscheinlichkeiten wird die Vollständigkeit und Zuverlässigkeit auf etwa 93 % geschätzt. Ein ähnliches Identifikationsverfahren wird auch auf den eROSITA Final Equatorial-Depth Survey (eFEDS) angewandt und die Ergebnisse werden mit der Identifizierung durch eine maschinelle Lernmethode und einen anderen Bayes'schen Ansatz verglichen, der nicht auf Sterne spezialisiert ist. Von den eFEDS-Detektionen werden 2060 Quellen als Sterne identifiziert mit einer Vollständigkeit und Zuverlässigkeit von etwa 90 %. Die Identifikationen werden durch die anderen Verfahren ebenfalls zu etwa 90 % bestätigt. Die stellaren Identifikationen von RASS und gezielten Beobachtungen mit ROSAT, Chandra und XMM-Newton werden zur Analyse der Röntgeneigenschaften der Hyaden verwendet. Für 281 von 1066 Hyaden-Mitgliedern werden Röntgendetektionen gefunden. Die Röntgenaktivität nimmt für Quellen von späteren Spektraltypen zu und erreicht die Sättigungsgrenze etwa bei M3-Zwergen. Die Rotations-Aktivitäts-Relation der Hyaden-Mitglieder bestätigt frühere Ergebnisse. Mit dem in dieser Arbeit vorgestellten Identifikationsverfahren und einigen Modifikationen wird es möglich sein, den stellaren Inhalt des derzeit laufenden eROSITA All-Sky Surveys (eRASS) zu identifizieren, was unser Verständnis der stellaren Aktivität revolutionieren wird.

Titel

Kurzfassung

Summary

In the chromosphere of cool stars, the temperature starts rising with increasing height and values of more than 10^6 K are reached in the corona. Hence, the corona emits most of its luminosity in soft X-rays. Its contribution to the total energy output of the star is small due to the low density of the corona. The mechanism of the coronal heating is still not fully understood but magnetic fields are thought to play a fundamental role. The study of large samples of stellar X-ray sources allows to determine the relation of the X-ray activity on mass, age, and stellar rotation. Counterparts in the optical or near infrared (NIR) to the X-ray sources provide additional information about the source, e.g., optical magnitude, color, and parallax, and help to identify stellar sources. However, the probability of obtaining counterparts that are by chance located in the same direction but are not associated to the X-ray source is often high due to large positional uncertainties of X-ray detections compared to other wavelength regimes. This thesis deals with methods to identify the stellar content of large X-ray surveys. Due to the high number of X-ray sources, automatic algorithms are presented that typically take into account geometric and further properties of the counterparts. The resulting flux-limited samples of stellar X-ray sources are subsequently analyzed. After an introduction to the background of this thesis, I present the stellar content of the XMM- Newton slew survey (XMMSL2) that is solely obtained by the geometric separations between the XMMSL2 sources and counterpart from various optical and NIR catalogs. The obtained sample contains 5920 bona fide stellar X-ray emitters and is expected to be complete and reliable to more than 96 %. For the first identification of the whole stellar content of the ROSAT all-sky survey (RASS), Bayes maps are applied to consider further properties of the counterparts in addition to the geometric match. It is shown that the results only weakly depend on the details of the estimation of the Bayes map. With this procedure, more than 28000 RASS sources are identified as stellar, which is the largest sample of stellar X-ray sources presented so far. It is a flux-limited sample containing all types of stars that were previously investigated separately. From matching probabilities provided for every source, the completeness and reliability is estimated to be about 93 %. A similar identification procedure is also applied to the eROSITA Final Equatorial-Depth Survey (eFEDS) and the results are compared to the identification of a machine learning method and another Bayesian approach that is not specialized to stars. Of the eFEDS detections, 2060 sources are identified as stars with a completeness and reliability of about 90 %. The identifications are confirmed by the other procedures also to about 90 %. The stellar identifications from the RASS and pointing observations with ROSAT, Chandra, and XMM-Newton are applied to analyze the X-ray properties of the Hyades cluster. X-ray detections for 281 of 1066 Hyades members are found. The X-ray activities increase for sources of later spectral types reaching the saturation limit for about M3 dwarfs. The rotation-activity relation of the Hyades members confirms previous results. With the identification procedure presented in this thesis and some modifications, it will be possible to identify the stellar content of the currently ongoing eROSITA all-sky survey (eRASS) and to revolutionize our understanding of stellar activity.