Roger  Böger, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2004 :

"Stochastische Geschwindigkeitsfelder in der expandierenden Hülle entwickelter Sterne"


"Stochastic Velocity Fields in the Expanding Envelope of Evolved Late-type Stars "



Schlagwörter: astronomy and astrophysics; stellar winds; giant stars; radiative transfer; turbulence; stochastic processes
PACS : 97.10.Fy ; 97.10.Me; 95.30.Jx; 02.50.Ga

Summary

Kurzfassung

Die physikalischen Ursachen für das Auftreten massiver Winde bei entwickelten Sternen sind weitgehend unverstanden. Aus diesem Grund ist es bisher noch nicht gelungen, von einer empirischen Beschreibung des Phänomens zu einem befriedigenden hydrodynamischen Ansatz überzugehen. Auch die üblichen diagnostischen Methoden ergeben kein einheitliches Bildder Windeigenschaften und können charakteristische Feinstrukturen in hochaufgelösten Spektren nicht erklären. Zudem ist nicht verstanden, ob die widersprüchlichen Ergebnisse der Analysen von Einzelsternen und Doppelsternsystemen von intrinsischer Natur sind oder methodische Unzulänglichkeiten widerspiegeln.

Die in den Winden beobachteten Überschallturbulenzen scheinen eine zentrale Rolle für das Verständnis der dynamischen Prozesse zu spielen. In den üblichen Analyseverfahren wird diese Geschwindigkeitskomponente in der einfachen mikroturbulenten Approximation beschrieben. Es ist allerdings fraglich, ob die komplexe Struktur der Winde dadurch adäquat erfasst wird. Ein von Traving (1975) entwickeltes alternatives Turbulenzmodell gestattet es, Geschwindigkeitskorrelationen in einer stochastischen Näherung zu berücksichtigen. Das stochastische Geschwindigkeitsfeld wird im Rahmen dieser Theorie durch die mittlere Turbulenzgeschwindigkeit und einer Korrelationslänge vollständig charakterisiert. Als Folge dieser Annahme wird auch die Intensität zu einer stochastischen Größe, die durch eine Strahlungstransportgleichung vom Typ einer Fokker-Planck-Gleichung beschrieben wird.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Anwendungsbereich dieses alternativen Strahlungstransportmodells auf den Wind entwickelter Sterne erweitert. In einer ersten Modellstudie wurden der allgemeine Einfluss von korrelierten Geschwindigkeitsfluktuationen auf die Linienbildung untersucht. Dabei wurde zunächst angenommen, dass das stochastische Geschwindigkeitsfeld ortsunabhängig ist, und in einer weiteren Untersuchung wurden verschiedene Orts- und Richtungsabhängigkeiten berücksichtigt. Dabei hat sich gezeigt, dass selbst kleine Korrelationslängen, insbesondere am Fuß des Windes, für die Linienbildung von Bedeutung sind. Dagegen konnte für eine anisotrope Korrelationslänge nur ein moderater Einfluss auf die Linienprofile nachgewiesen werden. Da durch eine eventuelle radiale Abhängigkeit der Korrelationslänge Einzelsterne und Doppelsternsysteme unterschiedlich stark betroffen sind, könnten die bestehenden Diskrepanzen zum Teil darauf zurückzuführen sein. Wegen der Vielzahl der Modellparameter wurde das Auftreten von Mehrfachlösungen statistisch untersucht. Für jeden Parameterbereich wurde festgestellt, welche Unsicherheiten bei der Bestimmung der Modellparameter auftreten. Dabei hat sich gezeigt, dass in einzelnen Parameterbereichen sehr große Unsicherheiten existieren, während in anderen Bereichen das Modell eindeutige Aussagen erlaubt.

Titel

Kurzfassung

Summary

The mechanism governing the mass outflow from evolved late type stars are not well elucidated. It is conspicious that the empirical measurements of wind parameters for individual cool stars are often controversial and do not lead to unique outflow models. Especially, the question whether the contradictious results of wind studies of single stars and binaries are due to intrinsic differences or an artefact of the analyses is not answered. Furthermore, characteristic irregularities in the line profiles observed in high resolution spectra cannot be explained.

The observed supersonic turbulence seems to be crucial for the understanding of the dynamical processes. These large non-thermal velocities are currently treated as mircoturbulence, which might be a poor approximation for the stochastic velocity component. Traving (1975) developed a theory allowing to take into account correlated turbulent motions in the transfer of line radiation. In this formalism, the hydrodynamic velocity is described statistically by a Gaussian distribution and a characteristic correlation length. Thus, the intensity has also to be considered as a random variable, and the ordinary radiative transfer equation has to be replaced by a Fokker-Planck equation.

Based on this theory, a NLTE radiative transfer model was developed to study the effects of stochastic velocity fields on the interpretation of wind lines in evolved late-type stars. In a first step, the general effects of a correlated velocity field on the line formation was investigated assuming a constant correlation length and width of the turbulent distribution function. In a subsequent study, these variables are considered to vary with direction and height in the atmosphere. It turns out that even a weak velocity correlation may significantly affect the line formation, especially at the base of the wind. For moderate values of the correlation length the differences between an isotropic and an anisotropic model can be neglected. If the velocity correlation in the inner shell is much stronger than in the outer layers the line formation in single stars and binary systems will be affected in different ways. This might provide an explanation for the observed differences. Because of the large number of model parameters it can be expected that the solutions are not unique. Therefore, the occurrence of multiple solutions in parameter space was statistically investigated. While in some regions of the parameter space a wide variety of model solutions is found, other regions allow a more unambiguous parameter determination.