Kurzfassung
Aus theoretischen und phänomenologischen Gründen platzieren viele Modelle für dunkle Materie ihren Kandidaten für ebenjene innerhalb eines umfangreicheren dunklen Sektors mit weiteren Teilchen und Feldern. Die kosmologische Evolution dieser dunklen Sektoren kann insbesondere wegen ihres Zusammenspiels mit dem Standardmodell der Teilchenphysik signifikant von der Standardszenarien abweichen. In dieser Dissertation untersuchen wir verschiedene Kosmologien dunkler Sektoren, ihre kosmologische Entwicklung sowie resultierende Einschränkungen des Parameterbereichs.
Durch stärker werdende Limitierungen direkter und indirekter Suchen an die Idee dunkler Materie als ein thermischer Überrest des primordialen Plasmas, welches die Standardmodellteilchen beinhaltete, erfreuen sich entkoppelte dunkle Sektoren größerem Forschungsinteresse. Tatsächlich funktioniert der entsprechende Mechanismus des thermischen Ausfrierens zur Produktion dunkler Materie auch in entkoppelten dunklen Sektoren. Jedoch müssen bestimmte Modifikationen an der Standardbehandlung vorgenommen werden. Wir analysieren diese und finden signifikante Unterschiede des zur Erklärung der beobachteten Dichte dunkler Materie benötigten Annihilations-Wirkungsquerschnitts, insbesondere im Fall ähnlicher Massen für das Teilchen der dunklen Materie und sein Annihilationsprodukt.
Nach der ersten Beobachtung von Gravitationswellen durch das Advanced Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO) wurde das Interesse an primordialen schwarzen Löchern als Kandidat für dunkle Materie erneuert und erhöht. Dieses Szenario kann als ein rein gravitativ wechselwirkender dunkler Sektor verstanden werden, da Gravitationswellen während der Verschmelzung zweier primordialer schwarzer Löcher entstehen können. Initial stark gehäufte räumliche Verteilungen primordialer schwarzer Löcher wurden vorgeschlagen, um starke Einschränkungen an primordiale schwarze Löcher mit den von LIGO beobachteten Massen als dunkle Materie zu umgehen. Wir zeigen jedoch, dass die resultierende Gravitationswellenentstehung ein solches Modell stark ausschließt. Stark gehäufte primordiale schwarze Löcher mit diesen Massen können somit nicht gleichzeitig die gesamte dunkle Materie im Universum und die Observationen von LIGO erklären.
Ein Hauptteil dieser Dissertation beschäftigt sich mit der Einschränkung dunkler Sektoren an der MeV-Skala anhand ihrer Auswirkungen auf die Elementeverteilung im frühen Universum. Wegen der außergewöhnlichen Übereinstimmung der Vorhersagen primordialer Nukleosynthese mit Observationen dieser Elementeverteilung sind mögliche Änderungen sehr stark eingeschränkt. Dunkle Sektoren können die Vorhersagen primordialer Nukleosynthese sowohl wegen ihres Effekts während ebenjener als auch danach durch Desintegration der produzierten Nuklide, zum Beispiel Photodesintegration, abändern. Erstere Abweichungen entstehen durch den Einfluss dunkler Sektoren auf die Hubblerate, Neutrinoentkopplung, die Zeit-Temperatur-Beziehung sowie das Verhältnis aus Baryonen- und Photonenzahl. Desintegration kann durch späte hochenergetische Injektionen elektromagnetischer Teilchen in das Standardmodellplasma verursacht werden, die zu einer elektromagnetischen Kaskade führen, welche eine große Anzahl nicht-thermaler Photonen produziert und so durch Photodesintegration Nuklide zerstört. Wir berechnen die resultierenden Einschränkungen an Annihilationen dunkler Materie an der MeV-Skala, den Zerfall von Teilchen dunkler Sektoren an der MeV-Skala in elektromagnetische Teilchen und Axion-ähnliche Teilchen, welche an Photonen gekoppelt sind.
Many models of dark matter place their dark matter candidate inside a broader dark sector with other particles and fields for theoretical and phenomenological reasons. The cosmological evolution of these dark sectors can differ significantly from standard scenarios, in particular due to their interplay with the Standard Model of particle physics. In this thesis, we study various dark sector cosmologies, including their evolution and resulting constraints. In view of ever more stringent limits from direct and indirect searches on dark matter as a thermal relic from the primordial plasma encompassing the SM particles, scenarios of a dark sector decoupled from the Standard Model receive increasing interest. Interestingly, the corresponding dark matter production mechanism of thermal freeze-out can also occur entirely in a decoupled dark sector. Still, certain modifications to the standard treatment need to be taken into account. We study these changes and find significant deviations of the annihilation cross-section required to obtain the observed dark matter abundance, in particular if the dark matter particle and its annihilation product are similar in mass. After the first gravitational waves were observed by the Advanced Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO), interest in primordial black holes as a candidate for dark matter has been renewed. As gravitational waves can be produced in primordial black hole binary mergers, this setup can be considered a dark sector with purely gravitational interactions. Large initial primordial black hole clustering has been suggested to circumvent the strong limits on this scenario. We show that instead, gravitational wave constraints are enhanced by large clustering such that highly clustered primordial black holes with the masses corresponding to the LIGO events cannot account for all of the dark matter in the Universe. A major part of this thesis studies Big Bang Nucleosynthesis (BBN) as a probe for MeV-scale dark sectors. Due to the remarkable agreement of predictions for the primordial light element abundances from BBN with observations, alterations are generally strongly constrained. Dark sectors can change the predictions for the primordial light element abundances by the influence of their cosmological evolution during BBN itself and subsequent disintegration processes, e.g. photodisintegration. The former proceed via alterations of the Hubble rate, neutrino decoupling, the time-temperature relation, and the best-fit value for the baryon-to-photon ratio. The latter are due to late-time high-energy electromagnetic injections into the Standard Model plasma, which induce an electromagnetic cascade producing an abundance of non-thermal photons that can disintegrate light nuclei. We derive these constraints for annihilations of MeV-scale dark matter, electromagnetic decays of MeV-scale dark sector particles, and axion-like particles coupled to photons.