Maximilian Manfred Hollstein, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2017 :

"Lichtinduzierte Dynamik in korrelierten Quantensystemen"


"Light-induced dynamics in correlated quantum systems"



Summary

Kurzfassung

Die Bewegung von Elektronen spielt eine zentrale Rolle in einer Vielzahl fundamentaler Prozesse. Zum Beispiel ist sie entscheidend bei der Bildung als auch bei dem Aufbrechen chemischer Bindungen und sie ist ausschlaggebend bei Energie- und Ladungstransfer zwischen und innerhalb von Atomen und Molekülen. In den frühen Stadien während und nach einer Licht-Materie Wechselwirkung, noch bevor sich Atomkerne nennenswert bewegen können, kann die Wechselwirkung zwischen den Elektronen eine facettenreiche Elektronendynamik in Molekülen hervorrufen. Das Auslösen, die Beobachtung als auch die Kontrolle dieser Elektronendynamik durch Lichtfelder wird erwartungsgemäß tiefe Einblicke in fundamentale Prozesse erlauben und letztendlich könnten auf diese Weise neue Wege zur Kontrolle von chemischen Reaktionen gefunden werden. In diesem Kontext wird in dieser Arbeit der Einfluss von Elektronenynamik, welche in essentieller Weise mehr als ein einzelnes Elektron involviert, auf lichtinduzierte Prozesse theoretisch untersucht. Es wird dabei auch untersucht wie diese Dynamik experimentell nachgewiesen werden könnte. Dabei werden zwei wichtige Grenzfälle betrachtet: zum einen wird quasiadiabatische Elektronendynamik untersucht, die den Ionisationsprozess begleitet, welcher durch ein starkes, niedrig-frequentes Lichtfeld hervorgerufen wird. Das heisst, eine Situation wird betrachtet, die insbesondere Starkfeldexperimente mit Atomen und molekularen Systemen betrifft. Dabei wird herausgefunden, dass Starkfeldionisation eine korrelierte Elektronendynamik initieren kann, deren Bedeutung mit der örtlichen Ausdehnung des Systems, das durch das starke Feld ionisiert wird, zunimmt. Im Allgemeinen kann also erwartet werden, dass diese Art von korrelierter Elektronendynamik während der Starkfeldionisation eine um so größere Rolle spielt, desto größer das Quantensystem ist, welches intensiver niedrig-frequenter Strahlung ausgesetzt wird. Daher sind diese Resultate relevant für die theoretische Modellierung als auch für das Verständnis der Starkfeldionisation einer Vielzahl physikalisch, chemisch und biologisch relevanter Systeme. Der zweite betrachtete Grenzfall betrifft plötzliche Ionization, welche gefolgt ist von korrelationsgetriebener Elektronendynamik, das heißt Elektronendynamik, die nur aufgrund von Elektronenkorrelationen und orbitaler Relaxation hervorgerufen wird. Solch eine Situation kann zum Beispiel entstehen, wenn Moleküle mittels eines Attosekundenpulses ionisiert werden. Die experimentelle Beobachtung dieser Prozesse ist zur Zeit jedoch immer noch eines der zentralen und ausstehenden Probleme der Attosekundenphysik. In dieser Arbeit wird untersucht, wie diese Prozesse experimentell mittels Attosekundenabsorptionsspektroskopie nachgewiesen werden könnten. Die beobachtete leichte Interpretierbarkeit der Spektren und die Detailliertheit, mit der Elektronendynamik wiedergegeben wird, weisen in eine vielversprechende Richtung für zukünftige Experimente. Desweiteren wurde das Konzept der korrelationsgetriebener Ladungsmigration, welches 1999 für einfachionisierte Moleküle von Cederbaum et al. eingeführt wurde, für Zweifachionisation erweitert. Dabei wird demonstriert, dass korrelationsgetriebene Prozesse in zweifachionisierten Molekülen eine besonders wichtige Rolle spielen. Im Gegensatz zu einfachionisierten Molekülen findet diese Art von Prozessen in zweifachionisierten Molekülen üblicherweise auch dann statt, wenn ein Ionisationsprozess Elektronen aus der äusseren Valenzschale entfernt. Zum Schluss wurden, im Bezug auf ein aktuelles Experiment, die Ladungsverteilungen theoretisch untersucht, welche in CH2I2 und CH3I Molekülen nach zwei sequentiellen Innerschalenionisationen der Iod Atome entstehen. Im Experiment wurde eine starke Molekülspezifzität der sich ergebenden Ladungszustände der Iod Ionen gefunden. Die hier präsentierten theoretischen Betrachtungen erlaubten zwei Mechanismen zu identifizieren, welche den Ladungszustand nach einer Innerschalenionisation der Iod-Ionen stark beeinflussen und welche die Trends in den experimentellen Daten erklären können. Insbesondere wird durch die theoretischen Betrachtungen die Interpretation der Daten im Sinne einer interatomaren Ladungsumordnung unterstützt.

Titel

Kurzfassung

Summary

The motion of electrons is at the heart of a vast number of fundamental processes ranging from the formation and the breaking of chwmical bonds to the transfer of energy and charge within and between atoms and molecules. At the very early stages during and following a light-matter interaction, prior to the onset of a significant displacement of the nuclei, the electron-electron interaction is of particular prominence potentially initiating diverse electron dynamics in molecular systems. Triggering, observing as well as controlling these multi-electron dynamics by light-fields is anticipated to provide indepth insight into fundamental electronic processes and ultimately, it might result in novel pathways for controlling chemical reactions. In this context, this thesis theoretically investigates the impact of multi-electron effects on light-induced electron dynamics and it is also addressed how these dynamics could be evidenced experimentally. Two important and limiting situations are considered: First, quasi-adiabatic electron dynamics that accompany the ionization process caused by a strong, low-frequency light field, i.e., a situation that commonly occurs in strong-field experiments concerning atoms and molecular systems. In this thesis, theoretical considerations concerning a model system are presented revealing that strong-field ionization can be accompanied by correlated multi-electron motion that becomes the more prominent the larger the system's spatial extent is. Hence, in general, multi-electron dynamics during strong-field ionization can be expected to be the more prominent the larger the molecular system or nanostructure is that is exposed to intense low-frequency fields. Thus, these findings are relevant for the theoretical modeling and the understanding of strong-field ionization of a wide range of physically, chemically and biologically relevant systems. The second limiting situation considered concerns sudden ionization that is followed by correlation-driven electron dynamics, i.e., electron dynamics that are only due to correlation and orbital relaxation. Such a situation occurs for instance when molecules become ionized due to their interaction with attosecond light pulses. The experimental observation of these processes is still one of the central and outstanding issues of attosecond physics. In this thesis, this issue is addressed constructively by investigating how correlation-driven electron dynamics could potentially be monitored by attosecond transient absorption spectroscopy (ATAS)---an experimental technique which is already feasible. The observed straightforward interpretability of the ATA spectra as well as the great detailedness with which electron dynamics are reflected in them allow to identify a promising route for future experiments aiming at the real-time dynamics of ultrafast charge transfer processes. Moreover, the concept of correlation-driven charge migration is extended to double ionization---a situation that is of particular importance since it commonly occurs in the course of electronic decay processes that are crucial for charge rearrangement in molecular systems. Here, it is demonstrated that in doubly ionized molecules, correlation-driven processes are of particular prominence. In contrast to single ionization, they are likely to be initiated even when the electrons are emitted from outer-valence orbitals. Finally, with regard to a recent experiment, the charge state distributions arising after two sequential iodine-4d inner-shell ionization events of CH2I2 and CH3I molecules are investigated theoretically. The experiment revealed a strong molecule specificity of the iodine charge state distributions emerging after fragementation. The theoretical considerations presented allow to identify two mechanisms that can cause this effect supporting the interpretation of the experimental data in terms of interatomic charge rearrangement.