Kurzfassung
Die Manipulation und Kontrolle kondensierter Materie mittels ultrakurzer Laserpulse
entwickelt sich zu einem immer wichtigeren Forschungsfeld. Seine Relevanz
zeigt sich sowohl in der Grundlagenforschung zu fundamentalen und intrinsischen
Zeitskalen von Anregungen in Festkörpern, als auch aus der angewandten
Perspektive optisch geschalteter Zustände, deren Mechanismen neue funktionelle
Materialien erlauben. Dies liegt zum einen an der effizienten Kopplung der Lichtpulse
an die elektronischen Freiheitsgrade im Festkörper auf einer Femtosekunden-
Zeitskala, die ultraschnelle Schaltvorgänge ermöglicht, und zum Anderen an der
Möglichkeit, neue transiente Phasen zu stabilisieren, die sich als Gleichgewichtszustände
nicht realisieren lassen.
Stark korrelierte Materialien bieten ideale Voraussetzungen für die Beobachtung
und Realisierung solch neuartiger Nichtgleichgewichtsphänomene, da bereits kleinste
Änderungen der dominierenden Elektron-Elektron-Wechselwirkung Übergänge
zwischen unterschiedlichen makroskopischen Phasen (isolierend, metallisch, supraleitend,
anti-, oder ferromagnetisch, . . . ) induzieren können.
Im thermodynamischen Gleichgewicht lässt sich die effektive Elektron-Elektron-
Wechselwirkung durch externe Parameter wie Druck, Dehnung, oder magnetische
und elektrische Felder sowie durch eine chemische Dotierung der Kristallstruktur
und im Nichtgleichgewicht auch durch optische Anregung beeinflussen. Dabei ist
der Einfluss der strukturellen und vibronischen Freiheitsgrade auf die elektronische
Dynamik der transienten Zuständen und die transienten effektiven elektronischen
Wechselwirkungen noch weitestgehend unverstanden.
Diese Arbeit befasst sich mit der lichtinduzierten Nichtgleichwichtsdynamik und
neuartigen dynamisch induzierten Zuständen in stark korrelierten organischen
Quantenmaterialien. Dazu werden die elektronischen sowie strukturellen Wechselwirkungen
in Molekülkristallen sowohl durch statischen Druck als auch dynamisch
mittels Anregung bestimmter Molekülschwingungen kontrolliert. Der Einfluss der
elektronischen Wechselwirkungen auf diese Dynamik wird dabei durch die Relaxationsrate
photoinduzierter Quasiteilchen, so genannten Dublonen-(doppelt besetzter
Elektronenzustände) Loch-Paare in dem Mott-Isolator ET-F2TCNQ bestimmt.
Dieser wird mittels Photodotierung durch angeregte Elektronen von einem
Isolator zu einem transienten Metall getrieben. Das Anlegen eines äußeren Drucks
führt zu einer gezielten Variation der elektronischenWechselwirkungen des Grundzustandes
durch den die Lebensdauer des photoinduzierten Zustandes beeinflusst
werden kann. Damit lässt sich nachweisen, dass die Zerfallsrate der angeregten
Quasiteilchen von der Stärke der elektronischen Wechselwirkungen zwischen den
Ladungsträgern abhängt, und dass dadurch maßgeblich das Verhältnis zwischen
lokaler Rekombination und Delokalisierung der angeregten Dublonen-Loch Paare
bestimmt wird.
Eine direkte optische Kontrolle solch effektiver Wechselwirkungen in organischen
molekularen Kristallen lässt sich durch Anregung lokaler Molekülschwingungen
erreichen. Dies zeigt neue Möglichkeiten für lichtinduzierte Phasenübergänge, insbesondere
in supraleitende Phasen, auf. Letztere lassen sich durch eine dynamische
Modulation der elektronischen und vibronischen Freiheitsgrade erreichen, die
für die Bildung supraleitendender Cooper-Paare relevant sind. Hierfür wählen
wir den supraleitenden organischen Molekülkristall K3C60. Für seine, im Rahmen
der BCS-Theorie, relativ hohe Sprungtemperatur von Tc=19.8 K werden
hochenergetische Molekülschwingungen verantwortlich gemacht. Es wird gezeigt,
dass eine resonante Anregung bestimmter molekularer Schwingungen mit ultrakurzen
Lichtpulsen hoher Feldstärke das induzieren eines kurzlebigen transienten
Zustandes mit eindrucksvollen Supraleiter-artigen optischen Eigenschaften oberhalb
der Sprungtemperatur erlaubt. Dieser transiente supraleitende Zustand kann
bis zu 100K, der fünffachen Sprungtemperatur des Gleichgewichts-Grundzustand,
induziert werden. Das Auftreten dieses spektakulären Nichtsgleichgewichtszustandes
wird im Sinne einer lichtinduzierten strukturellen und nichtlinearen Verzerrung
des Kristallgitters diskutiert, die fähig ist, eine Veränderung der lokalen
elektronischen Wechselwirkungen und der Elektron-Phonon Wechselwirkung zu
generieren.
The manipulation of matter with ultrashort laser pulses is a relevant research field from both a fundamental and an applied perspective, owing to the efficient coupling to the electronic degrees of freedom on femtosecond timescales and the ability to induce transient phases that cannot be realized in equilibrium scenarios. Strongly correlated materials are a natural environment for the observation of such novel and emergent out-of-equilibrium physics because small modifications to the electron-electron interactions can induce transitions between remarkably different macroscopic phases. One of the most effective means of modifying the effective electron-electron interactions is to perturb the crystal structure through pressure, strain or even light. However, it remains largely unexplored how perturbing the structural degrees of freedom affects the electron dynamics of the transiently driven states and how the interplay of correlations and electron-lattice interactions determine the intrinsic timescales of these nonequilibrium states. This thesis investigates how to control the light-induced nonequilibrium electronic properties in strongly correlated organics, that are highly tunable with moderate variations of external parameters, by perturbing their structural degrees of freedom, either via static pressures or vibrational excitation. We study the role of correlations in determining the relaxation rate of holes (holons) and double occupancies (doublons) in a solid state Mott insulator, the ET-F2TCNQ, driven across a transient insulator-to-metal transition. By mapping holon-doublon lifetimes onto the ground-state electronic interactions, we found that the decay rate of the photoinjected quasiparticles depends on the degree of correlation between carriers and is affected by the presence of a competition between local recombination and delocalization of holon-doublon pairs. By optically controlling the effective correlations in organic molecular crystals through vibrational excitations, we then show the possibility of driving a superconducting phase transition by transiently perturbing those degrees of freedom that mediate the pairing interaction. We select the molecular solid K3C60, a well characterized superconductor at relatively high temperatures (Tc=19.8 K) in which high-energy intramolecular vibrations are considered as key for the Cooper pairing. When driven with strong midinfrared fields resonantly tuned to infrared active intramolecular vibrations, we induce a short-lived transient state with striking superconducting-like optical properties above the equilibrium transition temperature and up to 100 K, five times the equilibrium Tc. We explain the appearance of this superconducting-like behavior in terms of light-induced structural distortions capable to induce changes in the onsite Coulomb correlation and in the electronphonon coupling.