Matteo Mitrano, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2015 :

"Nonequilibrium emergent phenomena in organic molecular solids"



Summary

Kurzfassung

Die Manipulation und Kontrolle kondensierter Materie mittels ultrakurzer Laserpulse entwickelt sich zu einem immer wichtigeren Forschungsfeld. Seine Relevanz zeigt sich sowohl in der Grundlagenforschung zu fundamentalen und intrinsischen Zeitskalen von Anregungen in Festkörpern, als auch aus der angewandten Perspektive optisch geschalteter Zustände, deren Mechanismen neue funktionelle Materialien erlauben. Dies liegt zum einen an der effizienten Kopplung der Lichtpulse an die elektronischen Freiheitsgrade im Festkörper auf einer Femtosekunden- Zeitskala, die ultraschnelle Schaltvorgänge ermöglicht, und zum Anderen an der Möglichkeit, neue transiente Phasen zu stabilisieren, die sich als Gleichgewichtszustände nicht realisieren lassen. Stark korrelierte Materialien bieten ideale Voraussetzungen für die Beobachtung und Realisierung solch neuartiger Nichtgleichgewichtsphänomene, da bereits kleinste Änderungen der dominierenden Elektron-Elektron-Wechselwirkung Übergänge zwischen unterschiedlichen makroskopischen Phasen (isolierend, metallisch, supraleitend, anti-, oder ferromagnetisch, . . . ) induzieren können. Im thermodynamischen Gleichgewicht lässt sich die effektive Elektron-Elektron- Wechselwirkung durch externe Parameter wie Druck, Dehnung, oder magnetische und elektrische Felder sowie durch eine chemische Dotierung der Kristallstruktur und im Nichtgleichgewicht auch durch optische Anregung beeinflussen. Dabei ist der Einfluss der strukturellen und vibronischen Freiheitsgrade auf die elektronische Dynamik der transienten Zuständen und die transienten effektiven elektronischen Wechselwirkungen noch weitestgehend unverstanden. Diese Arbeit befasst sich mit der lichtinduzierten Nichtgleichwichtsdynamik und neuartigen dynamisch induzierten Zuständen in stark korrelierten organischen Quantenmaterialien. Dazu werden die elektronischen sowie strukturellen Wechselwirkungen in Molekülkristallen sowohl durch statischen Druck als auch dynamisch mittels Anregung bestimmter Molekülschwingungen kontrolliert. Der Einfluss der elektronischen Wechselwirkungen auf diese Dynamik wird dabei durch die Relaxationsrate photoinduzierter Quasiteilchen, so genannten Dublonen-(doppelt besetzter Elektronenzustände) Loch-Paare in dem Mott-Isolator ET-F2TCNQ bestimmt. Dieser wird mittels Photodotierung durch angeregte Elektronen von einem Isolator zu einem transienten Metall getrieben. Das Anlegen eines äußeren Drucks führt zu einer gezielten Variation der elektronischenWechselwirkungen des Grundzustandes durch den die Lebensdauer des photoinduzierten Zustandes beeinflusst werden kann. Damit lässt sich nachweisen, dass die Zerfallsrate der angeregten Quasiteilchen von der Stärke der elektronischen Wechselwirkungen zwischen den Ladungsträgern abhängt, und dass dadurch maßgeblich das Verhältnis zwischen lokaler Rekombination und Delokalisierung der angeregten Dublonen-Loch Paare bestimmt wird. Eine direkte optische Kontrolle solch effektiver Wechselwirkungen in organischen molekularen Kristallen lässt sich durch Anregung lokaler Molekülschwingungen erreichen. Dies zeigt neue Möglichkeiten für lichtinduzierte Phasenübergänge, insbesondere in supraleitende Phasen, auf. Letztere lassen sich durch eine dynamische Modulation der elektronischen und vibronischen Freiheitsgrade erreichen, die für die Bildung supraleitendender Cooper-Paare relevant sind. Hierfür wählen wir den supraleitenden organischen Molekülkristall K3C60. Für seine, im Rahmen der BCS-Theorie, relativ hohe Sprungtemperatur von Tc=19.8 K werden hochenergetische Molekülschwingungen verantwortlich gemacht. Es wird gezeigt, dass eine resonante Anregung bestimmter molekularer Schwingungen mit ultrakurzen Lichtpulsen hoher Feldstärke das induzieren eines kurzlebigen transienten Zustandes mit eindrucksvollen Supraleiter-artigen optischen Eigenschaften oberhalb der Sprungtemperatur erlaubt. Dieser transiente supraleitende Zustand kann bis zu 100K, der fünffachen Sprungtemperatur des Gleichgewichts-Grundzustand, induziert werden. Das Auftreten dieses spektakulären Nichtsgleichgewichtszustandes wird im Sinne einer lichtinduzierten strukturellen und nichtlinearen Verzerrung des Kristallgitters diskutiert, die fähig ist, eine Veränderung der lokalen elektronischen Wechselwirkungen und der Elektron-Phonon Wechselwirkung zu generieren.

Titel

Kurzfassung

Summary

The manipulation of matter with ultrashort laser pulses is a relevant research field from both a fundamental and an applied perspective, owing to the efficient coupling to the electronic degrees of freedom on femtosecond timescales and the ability to induce transient phases that cannot be realized in equilibrium scenarios. Strongly correlated materials are a natural environment for the observation of such novel and emergent out-of-equilibrium physics because small modifications to the electron-electron interactions can induce transitions between remarkably different macroscopic phases. One of the most effective means of modifying the effective electron-electron interactions is to perturb the crystal structure through pressure, strain or even light. However, it remains largely unexplored how perturbing the structural degrees of freedom affects the electron dynamics of the transiently driven states and how the interplay of correlations and electron-lattice interactions determine the intrinsic timescales of these nonequilibrium states. This thesis investigates how to control the light-induced nonequilibrium electronic properties in strongly correlated organics, that are highly tunable with moderate variations of external parameters, by perturbing their structural degrees of freedom, either via static pressures or vibrational excitation. We study the role of correlations in determining the relaxation rate of holes (holons) and double occupancies (doublons) in a solid state Mott insulator, the ET-F2TCNQ, driven across a transient insulator-to-metal transition. By mapping holon-doublon lifetimes onto the ground-state electronic interactions, we found that the decay rate of the photoinjected quasiparticles depends on the degree of correlation between carriers and is affected by the presence of a competition between local recombination and delocalization of holon-doublon pairs. By optically controlling the effective correlations in organic molecular crystals through vibrational excitations, we then show the possibility of driving a superconducting phase transition by transiently perturbing those degrees of freedom that mediate the pairing interaction. We select the molecular solid K3C60, a well characterized superconductor at relatively high temperatures (Tc=19.8 K) in which high-energy intramolecular vibrations are considered as key for the Cooper pairing. When driven with strong midinfrared fields resonantly tuned to infrared active intramolecular vibrations, we induce a short-lived transient state with striking superconducting-like optical properties above the equilibrium transition temperature and up to 100 K, five times the equilibrium Tc. We explain the appearance of this superconducting-like behavior in terms of light-induced structural distortions capable to induce changes in the onsite Coulomb correlation and in the electronphonon coupling.