Kurzfassung
Kompakte, bedeckungsveränderliche Doppelsterne haben sich in den letzten Jahrzehnten als wichtige Laboratorien zur ̈Uberprüfung astrophysikalischer Sternstruktur- und Sternentwicklungsmodelle erwiesen. Präzise Vermessungen der Lichtkurven in derartigen Systemen ermöglichen nicht nur die genaue Bestimmung von Sternradien, sondern offenbarten auch eine Reihe neuer, unerwarteter Effekte. Zu diesen zählt der Applegate-Mechanismus, einem Ansatz zur Erklärung zyklischer Variationen in den Bedeckungszeitpunkten, welche in einer Vielzahl kompakter Doppelsterne beobachtet werden. Im Rahmen des Modells werden diese Variationen durch vom stellaren Dynamo angetriebene Umverteilungen des Drehimpulses innerhalb einer der beiden Komponenten erklärt, welche die Form und letztendlich auch das Gravitationsfeld des Sterns verändern. Die Verbindung zum stellaren Dynamo sowie seine Einfachheit machen den Applegate-Mechanismus zu einer breit akzeptierten Nullhypothese für Doppelsterne, in denen Prozesse wie die Emission von Gravitationswellen oder die Existenz eines planetaren Begleiters keine hinreichende Erklärung liefern. Gleichwohl fehlt es bislang an direkter beobachterischer Evidenz für die Existenz eines solchen Effektes sowie an detaillierten physikalischen Modellen des Applegate-Mechanismus.
Ziel der vorliegenden Dissertation ist die Bearbeitung der theoretischen Seite des Problems. Einerseits, indem die energetischen Aspekte des Applegate-Effektes näher beleuchtet werden, um daraus abzuleiten ob ein gegebener Doppelstern die beobachteten Periodenvariationen über geometrische Veränderungen einer der Komponenten realisieren kann. Zum anderen wird erstmalig ein Modell vorgestellt, das Fluktuationen im Geschwindigkeitsprofil und Magnetfeld eines Sterns mit den daraus resultierenden Veränderungen im Gravitationsfeld verknüpft und Einblicke in die Physik des Applegate-Mechanismus ermöglicht.
Beide Ansätze liefern das konsistente Bild, dass der Applegate-Mechanismus nur in wenigen ausgewählten Systemen als Erklärung für zyklische Periodenvariationen herangezogen werden kann. Kompakte Doppelsterne mit Halbachsen kleiner als 1 R_Sun und vollkonvektiven Sekundärsternen im Bereich zwischen 0.30 M_Sun und 0.36 M_Sun erweisen sich als die vielversprechendsten Kandidaten für weitere Beobachtungen.
Compact eclipsing binaries have become essential laboratories for the empirical verification of stellar structure and evolution models. From eclipsing time measurements, stellar parameters can be derived with an unparalleled level of accuracy. However, measurements also revealed a number of unexpected effects such as cyclic orbital period variations. One of the default explanations for these variations is the Applegate mechanism which postulates activity-cycle driven redistribution of one component's internal angular momentum modulating the star's quadrupole moment and hence the gravitational attraction between the two stars. The simplicity of the Applegate mechanism as well as its connection to the stellar activity cycle render it a go-to hypothesis for systems in which conventional processes such as gravitational wave emission or the existence of a planetary companion cannot drive the observed period variations. On the other hand, direct observations of Applegate's mechanism in action are still missing as are detailed theoretical models of the involved physics. On the quest for a full understanding of Applegate's mechanism, this work aims at providing the theoretical means. Firstly, by researching into the energetic aspects to determine whether the Applegate effect is feasible in a given binary system. Secondly, by developing a model that directly links fluctuations of one component's internal velocity and magnetic fields to variations of the gravitational field to shed light on the underlying physics of the mechanism. Both approaches give the consistent picture that only a small subset of systems is capable of driving the observed period variations via Applegate's mechanism. Very compact binaries with semi-major axes below 1 R_Sun and fully-convective secondary components between 0.30 M_Sun and 0.36 M_Sun turn out to be the most promising candidates for further observational efforts.