Manuel Enrico Meyer, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2013 :

"Die Opazität des Universums für hoch- und sehr hochenergetische Gammastrahlung"


"The Opacity of the Universe for high and very high energy gamma-rays"



Schlagwörter: High energy astrophysics; BL Lacertae objects; Diffuse radiation; Extragalactic background light; Axions; Axionlike particles
PACS : 14.80.Va; 98.54.Cm; 95.85.Pw; 98.70.Vc
Volltext
Summary

Kurzfassung

Der Fluss der hoch- und sehr hochenergetischen (HE und SHE) Gammastrahlung von extragalaktischen Quellen wird durch Paarproduktion mit niederenergetischen Photonen des extragalaktischen Hintergrundlichts (EHL) abgeschwächt. Dieses Hintergrundlicht erstreckt sich von ultravioletten bis hin zu ferninfraroten Wellenlängen. Über die Zeit integriertes Sternenlicht sowie Sternenlicht, dass durch interstellaren Staub absorbiert und reemittiert wird, machen die Hauptbestandteile des EHL aus. Das EHL kann somit als integrales Maß für die Sternenentstehungsrate angesehen werden. Aus der Absorption ergibt sich, dass das Universum undurchsichtig für Gammastrahlung jenseits einer bestimmten, distanzabhängigen Energie sein sollte.

Ungeachtet der erwarteten Abschwächung des intrinsischen Flusses ist in den letzten Jahren die Anzahl der detektierten extragalaktischen Gammastrahlungsquellen stetig angewachsen. Quellen mit Rotverschiebungen jenseits von z > 0.5 wurden mit abbildenden Cherenkov-Teleskopen detektiert, aktive galaktische Kerne (AGK) konnten mit dem Large Area Telescope (LAT) an Bord des Fermi-Satelliten sogar über z ≥ 3 hinaus nachgewiesen werden.

In der vorliegenden Arbeit wird die bis dato größte Auswahl an SHE Spektren zusammen mit spektralen Informationen des Fermi-LAT benutzt, um eine obere Schranke auf die EHL-Dichte bei z = 0 zu bestimmen. Dazu wird eine Absorptionskorrektur aus generischen EHL-Realisierungen berechnet und auf die gemessenen Spektren angewendet. Die so erhaltenden intrinsischen Spektren werden anschließend gegen Modellvorhersagen getestet. Es wird dabei berüucksichtigt, dass sich das EHL mit der Rotverschiebung ändert und sich möglicherweise elektromagnetische Kaskaden ausbilden. EHL-Intensitäten bei optischen Wellenlängen oberhalb von 24 nW m-2sr-1 können ausgeschlossen werden, ebenso wie Intensitäten oberhalb von 5 nW m-2sr-1 zwischen 8 μm und 31 μm. Damit sind die hier abgeleiteten oberen Grenzen bei infraroten Wellenlängen nur noch einen Faktor ~2 von unteren Grenzen entfernt, die sich aus Galaxienzählungen ergeben.

Des Weiteren wird untersucht, ob sich ein systematischer Trend in SHE Spektren im Übergang vom optisch dünnen, τγγ < 1, zum optisch tiefen Regime, τγγ ≥ 2, feststellen lässt. Mit einer Signifikanz oberhalb von 4σ wird konsistent für alle untersuchten absorptionskorrigierten Spektren ein erhöhter Photonenfluss bei hohen optischen Tiefen festgestellt. Dieses Verhalten lässt sich aufgrund der großen Spanne von untersuchten Energie- und Rotverschiebungsintervallen nur schwer mit quellintrinsischen Effekten erklären. Es stellt sich heraus, dass systematische Unsicherheiten nur unwahrscheinlich einen solchen Effekt hervorrufen können.

In ähnlicher Weise werden Beobachtungen des Fermi-LAT auf eine geringe Opazität hin untersucht. Hierzu wird die Anzahl der beobachteten Photonen im optisch tiefen Regime mit der theoretisch erwarteten Anzahl verglichen. Oberhalb von τγγ = 2 können drei Photonen mit hoher Sicherheit AGK zugeordnet werden. Für diese Quellen wird das unabsorbierte Spektrum aus Fermi-LAT Daten bestimmt und zu hohen Energien hin extrapoliert. Unter Berücksichtigung theoretischer EHL-Modelle kann aus dieser Extrapolation die Anzahl der erwarteten Photonen bestimmt werden. Es ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 1,2 · 10-4, diese drei Photonen zu beobachten. Falls die erwarteten Photonen aller mit dem LAT detektierten AGK berücksichtigt werden, ist die Wahrscheinlichkeit jedoch stark abhängig von dem gewählten intrinsischen Spektralmodell.

Die Anzeichen für eine geringe Opazität können als Hinweise auf Oszillationen zwischen Photonen und hypothetischen axionartigen Teilchen gewertet werden. Solche Teilchen können ungehindert kosmologische Distanzen zurücklegen. Damit diese Oszillationen stattfinden, bedarf es magnetischer Felder. Es werden Magnetfelder in Galaxienhaufen, im intergalaktischen Medium und in der Milchstraße studiert, um die Stärke eines möglichen Effekts zu quantifizieren. Für optimistische Feldstärken und Kohärenzlängen kann die geringe Opazität mit einer Kopplung zwischen Photonen und axionartigen Teilchen von g ≥ 10-12 GeV-1 erklärt werden. Realistischere Werte führen zu einer unteren Grenze auf die Kopplung von g ≥ 2 · 10-11 GeV-1. Die erwarteten Sensitivitäten geplanter Laborexperimente sind ausreichend, um in Zukunft gezielt nach axionartigen Teilchen mit diesen Parametern zu suchen.

Titel

Kurzfassung

Summary

The flux of high energy (HE, energy 100 MeV ≤ E ≤ 100 GeV) and very high energy (VHE, E ≥ 100 GeV) γ-rays originating from cosmological sources is attenuated due to pair production in interactions with photons at ultraviolet to infrared wavelengths of the extragalactic background light (EBL). The main components contributing to the EBL photon density are the starlight integrated over cosmic time and the starlight reprocessed by dust in galaxies. Consequently, the EBL is an integral measure of the cosmic star formation history. Depending on the source distance, the Universe should be opaque to γ-rays above a certain energy.

Nevertheless, the number of detected γ-rays sources has increased continuously in recent years. VHE emitting objects beyond redshifts of z > 0.5 have been detected with imaging air Cherenkov telescopes (IACTs), while HE γ-rays from active galactic nuclei (AGN) above redshifts z ≥ 3 have been observed with the Large Area Telescope (LAT) on board the Fermi satellite.

In this work, a large sample of VHE γ-ray spectra will be combined with data of the Fermi-LAT to derive upper limits on the EBL photon density at z=0. Generic EBL realizations are used to correct AGN spectra for absorption, which are subsequently tested against model assumptions. The evolution of the EBL with redshift is accounted for, and a possible formation of electromagnetic cascades is considered. As a result, the EBL density is constrained over almost three orders of magnitude in wavelength, between 0.4 μm and 100 μm. At optical wavelengths, an EBL intensity above 24 nW m-2sr-1 is ruled out, and between 8 μm and 31 mu;m it is limited to be below 5 nW m-2sr-1. In the infrared, the constraints are within a factor ~2 of lower limits derived from galaxy number counts.

Additionally, the behavior of VHE spectra in the transition from the optical depth regimes τγγ < 1 to τγγ ≥ 2 is investigated. The absorption-corrected spectra consistently show an upturn at high optical depths, significant at the 4σ level. A source intrinsic effect is unlikely to produce such a feature, since the transition to the τγγ ≥ 2 regime occurs at different energies for each source. Systematic uncertainties that could mimic the effect are studied but found unlikely as a possible explanation.

A similar study is conducted for photons detected with the Fermi-LAT. To this end, the number of expected photons in the optical thick regime is compared to the number of photons observed with the LAT. Above τγγ ≥ 2, three photons are associated with AGN with high confidence. Under the assumption of certain EBL models, extrapolating the unattenuated spectrum from low to high energies results in a probability of 1.2 · 10-4 to observe these photons. However, the probability for detecting the high optical depth photons when all LAT detected AGN with known redshift are considered sensitively depends on the the choice of the intrinsic spectral model.

The indication for a reduced opacity might be explained by the oscillation of photons into hypothetical axion-like particles (ALPs) in ambient magnetic fields. Such particles propagate unimpeded over cosmological distances, thereby reducing the γ-ray opacity. Photon-ALP conversions are studied in different magnetic field configurations, including intracluster and intergalactic magnetic fields, as well as the field of the Milky Way. Optimistic values of the field strength and coherence length result in lower limits on the photon-ALP coupling, g ≥ 10-12 GeV-1. For more realistic magnetic field parameters, couplings above g ≥ 2·10-11 GeV-1 are necessary to explain the indication for the reduced opacity. The lower limits are in reach of future dedicated ALP experiments.