Katharina Lenk, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2024 :

"Dynamische Molekularfeldtheorie für Festkörper mit starker Kopplung an das Elektromagnetische Feld"


"Dynamical mean-field theory for solids with strong coupling to the electromagnetic field"



Summary

Kurzfassung

Jüngste Fortschritte in der Erforschung quantenkooperativer Effekte in gekoppelten Licht-Materie-Systemen eröffnen nie dagewesene Möglichkeiten, die Eigenschaften von Materialien ohne externe Stimulation zu manipulieren. Grund dafür sind Vakuumfluktuationen des elektromagnetischen Feldes, die selbst im thermischen Gleichgewicht mit den Freiheitsgraden der Materie hybridisieren und dadurch das Verhalten des Systems beeinflussen. In dieser Arbeit befassen wir uns mit der theoretischen Untersuchung solcher photoneninduzierter Effekte. Wir stellen zunächst eine kollektive Theorie für Singlemode-Modelle vor und wenden dann dynamische Molekularfeldtheorie (DMFT) auf makroskopische Festkörper an, die mit einem Kontinuum elektromagnetischer Moden wechselwirken. Die kollektive Theorie basiert auf diagrammatischen Methoden und setzt eine lineare, dipolare Kopplung an eine einzelne Cavitymode voraus. Sie erlaubt es, die elektrische Suszeptibilität des Systems in der Cavity durch die Antwort der ungekoppelten Materie auszudrücken. Wir stellen fest, dass die Strahlungskorrekturen zur statischen Suszeptibilität im thermodynamischen Limes verschwinden, sofern die Einteilchen-Kopplung endlich ist. Des Weiteren beweist der Formalismus, dass Nichtlinearitäten in der Materialantwort eine bedeutende Rolle bei der Beeinflussung des Gleichgewichtszustands von Systemen endlicher Größe spielen. Als Beispiel wenden wir die Theorie auf ein einfaches Modell eines Quantenparaelektrikums mit Dipol-Dipol-Wechselwirkungen an und zeigen, dass die Cavitymode in kleinen Materialclustern zu einer Verstärkung der statischen elektrischen Antwort führt. DMFT eignet sich dagegen vor allem für ausgedehnte Festkörper, die aus einer makroskopischen Anzahl von Atomen oder Molekülen bestehen. Daher betrachten wir ein Setting, in dem ein Kontinuum elektromagnetischer Moden selbst im thermodynamischen Limes einen nicht verschwindenden Gesamteffekt hervorruft. Die Moden gehören zu Oberflächenplasmonen-Polaritonen (OPP) einer Grenzfläche zwischen einem Metall und einem Dielektrikum. Wir untersuchen zwei verschiedene Modelle: Im ersten Fall betrachten wir einen zweidimensionalen Festkörper, der über eine dipolare Wechselwirkung an die Vakuumfluktuationen der OPP koppelt. Innerhalb der statischen Molekularfeldnäherung weist das Material einen ferroelektrischen Phasenübergang auf, der nicht durch das elektromagnetische Strahlungsfeld beeinflusst wird. Bosonische DMFT liefert eine genauere Beschreibung und offenbart, dass die Licht-Materie-Wechselwirkung die ferroelektrische Ordnung verstärkt und die ferroelektrische Phase stabilisiert. Im zweiten Fall untersuchen wir ein zweidimensionales Hubbard-Modell, das über Peierls-Faktoren an die elektromagnetischen Moden koppelt. Auch ohne Licht-Materie-Wechselwirkung kann das System einen Mott Metall-Isolator-Übergang durchlaufen. Wir nutzen diagrammatische Methoden, um photoneninduzierte Effekte in den DMFT Formalismus zu integrieren. Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Kopplung an das elektromagnetische Feld die metallische Phase gegenüber der Mott-isolierenden Phase begünstigt. Insgesamt verdeutlicht diese Arbeit, dass das Zusammenspiel von Licht und Materie sogar im thermischen Gleichgewicht neue Möglichkeiten eröffnet, die statische Suszeptibilität mikroskopischer Systeme zu modifizieren und Phasenübergänge in makroskopischen Festkörpern zu kontrollieren. Außerdem zeigt sie auf, dass DMFT als wertvolles theoretisches Werkzeug zur Untersuchung quantenkooperativer Effekte in Systemen mit starker Licht-Materie-Wechselwirkung dienen kann.

Titel

Kurzfassung

Summary

Recent advances in the study of quantum cooperative effects in coupled light-matter systems open up unprecedented pathways to manipulate the properties of materials without external drive. This is due to vacuum fluctuations of the electromagnetic field, which hybridize with matter degrees of freedom even in thermal equilibrium and thereby influence the behavior of the system. In this thesis, we focus on the theoretical study of such photon-induced effects. We first present a collective theory for single-mode models and then apply dynamical mean-field theory (DMFT) to macroscopic solids interacting with a continuum of electromagnetic modes. The collective theory is based on diagrammatic techniques and assumes a linear dipolar coupling to one single cavity mode. It allows expressing the electric susceptibility of the system inside the cavity in terms of the bare matter response. We find that the radiative corrections of the static susceptibility vanish in the thermodynamic limit if the single-particle coupling is finite. Moreover, the formalism proves that nonlinearities in the matter response play a crucial role in affecting the equilibrium state of finite-size systems. As an example, we apply the theory to a simple model of a quantum paraelectric with dipole-dipole interactions and demonstrate that the cavity mode leads to an enhancement of the static electric response in small clusters of material. DMFT, however, is most appropriate for extended solids consisting of a macroscopic number of atoms or molecules. Therefore, we consider a setting, where a continuum of electromagnetic modes gives rise to a non-vanishing total effect even in the thermodynamic limit. The modes correspond to surface plasmon polaritons (SPPs) at a dielectric-metal interface. We study two different model systems: In the first case, we consider a two-dimensional solid that couples to the vacuum fluctuations of the SPPs via a linear dipolar interaction. Within static mean-field approximation, the material exhibits a ferroelectric phase transition that is not affected by the electromagnetic radiation field. Bosonic DMFT provides a more accurate description and reveals that the light-matter interaction enhances the ferroelectric order and stabilizes the ferroelectric phase. In the second case, we study a two-dimensional Hubbard model, which couples to the electromagnetic modes via Peierls phase factors. Even without light-matter interaction, the system may undergo a Mott metal-isulator transition. We follow a diagrammatic approach to incorporate photon-induced effects into the DMFT formalism. Our results suggest that the coupling to the electromagnetic field favors the metallic state over the Mott insulating phase. In summary, this thesis demonstrates that the interplay of light and matter opens up new possibilities to modify the static response of microscopic systems and to control phase transitions in macroscopic solids, even in thermal equilibrium. Moreover, it highlights that DMFT can serve as a valuable theoretical tool to study quantum cooperative effects in systems with strong light-matter interactions.