Kurzfassung
Die Quantensimulation verschiedener Phänomene mit ultrakalten Gasen von der Molekül- über die Festkörperphysik bis hin zur Hochenergiephysik und Bildung des Universums ist über die letzten beiden Jahrzehnte stark angewachsen und hat sich aufgrund ihres hohen Erfolges schließlich als fester Bestandteil der modernen Forschung etabliert. Dabei ist die Entwicklung neuer experimenteller Methoden und Techniken stets unbedingte Voraussetzung für die Erweiterung und Umsetzung theoretischer Vorschläge gewesen. Trotz ungemein vieler Fortschritte mangelt es bis heute an Experimenten, welche eine gleichzeitige und vollständige Kontrolle der externen, internen und orbitalen Freiheitsgrade ultrakalter Gase in optischen Gittern erlauben. Dies begrenzt derzeit die Simu- lation spannender und unverstandener Phänomene wie die der unkonventionellen Hochtemperatursupraleiter.
Diese Arbeit trägt dazu bei, diese Lücke zu schließen, indem Bose-Einstein-Kondensate im zweiten und vierten Band des hexagonalen Gitters mit zweiatomiger Basis präpariert wurden. Der robuste Transfer des Kondensats in höhere Bänder gelang mittels verschiedener experimenteller Techniken. Hauptsächlich wird eine diabatische Inversion des Subenergieunterschiedes des Gitterpotentials genutzt, um die initiale Grundzustandswellenfunktion in die verschiedenen Zielzustände zu projizieren.
Nach der Anregung in das zweite Band setzt eine wechselwirkungsgetriebene Relaxation der Atome vom instabilen Bandmaximum an die durch Zeitumkehrsymmetrie verbundenen, aber inäquivalenten Dirac-Punkte ein. Anschließend bildet sich durch Tunnelprozesse und dimensionsübergreifende Energieumvertei- lungsprozesse ein langreichweitiger Ordnungsparameter in der Gitterebene und damit ein unkonventionelles Superfluid jenseits des no-node theorems aus. Hier schränken die Z3-Symmetrie des Gitters und verschiedene Erhaltungssätze die Rekondensationsprozesse und die möglichen finalen Zustände erheblich ein. Ein sehr ähnlicher Prozess konnte ebenfalls im vierten Band beobachtet werden.
Zur Beschreibung der Anregung von Kondensaten in höhere Bänder wird ein eigenständiges Landau-Zener-artiges Modell entwickelt, welches alle Beobachtungen sehr gut beschreibt. Auch die Rekondensation und der auftretende, damit verbundene dynamische Quantenphasenübergang können anhand eines einfachen heuristischen Modells in Anlehnung an den Kibble-Zurek-Mechanismus erfolg- reich durch die Hubbard-Parameter des Gitters beschrieben werden. Dabei können die relevanten mikroskopischen Prozesse identifiziert werden.
Die realisierten Superfluide in den höheren Bändern sind metastabil, weshalb sie eine endliche Lebensdauer aufweisen. Im Rahmen der Untersuchungen konnten zwei aus der Literatur bekannte, durch Intrabandstöße verursachte Zerfallsprozesse zweifelsfrei identifiziert werden. Daneben konnte ein dritter Zerfallskanal beobachtet werden, welcher durch residuale Phasenfluktuationen des optischen Gitters getrieben wird. Derselbe Mechanismus führt auch im Grundzustandsband zu einer endlichen Lebensdauer.
Um die wissenschaftlichen Erkenntnisse und die erfolgreiche Präparation eines Superfluids in angeregten Zuständen des optischen Gitters überhaupt umsetzen zu können, sind wesentliche Verbesserungen der Kernkomponenten des experimentellen Aufbaus notwendig gewesen, welche ausführlich beschrieben werden.
Diese betreffen vor allem die rf-Infrastruktur des Experiments, welche bezüglich der Phasensynchronisation und Frequenzstabilität entscheidend verbessert wurde. Dies umfasst ebenfalls die Entwicklung einer arbiträr modulierbaren, phasenstabilen DDS-basierten Vierkanal-rf-Signalquelle. Dadurch konnte die Lebensdauer des Superfluids im untersten Grundzustandsband um knapp eine Größenordnung erhöht werden, was insbesondere in Floquet-getriebenen Systemen einen Durchbruch darstellt.
Mittels eines neuentwickelten Phasendetektors ist es nunmehr möglich, Phasenrauschen im THz-Bereich intensitätsunabhängig zu messen. Dies ermöglicht die Realisierung einer optischen Phasenregelschleife zur Stabilisierung des optischen Gitters im Raum, deren Funktionsfähigkeit und Spezifikationen demonstriert und ausführlich beschrieben werden. Die Regelschleife erlaubt zukünftig eine weitere Erhöhung der Lebensdauer.
Außerdem werden der Aufbau einer Hochgeschwindigkeitsintensitätsreglung für höchste Ansprüche optischer Gitter diskutiert und die Vorteile der entwickelten Elektronik erläutert. Ferner wird die gelungene Entwicklung eines rauscharmen, breitbandigen und temperaturunabhängigen Magnetfeldsensors, welcher zudem unbeschadet hohen Feldstärken ausgesetzt werden kann, im Detail beschrieben.
Weiterhin werden Vorschläge erarbeitet, wie die spezifischen Eigenschaften des realisierten, unkonventionellen Superfluids in höheren Bändern des hexagonalen Gitters experimentell verifiziert werden könnten. Schlussendlich wird erklärt, wie im hexagonalen Gitter zweidimensionale Spin-Bahn-Wechselwirkung durch zeitperiodisches Treiben erzielt werden könnte.
Ultracold gases have served with increasing impact for two decades as quantum simulators to emulate phenomena ranging from molecular and solid-state physics to high energy physics and the formation of the universe and are now conside- red as standard tool in Modern Physics. The development of new experimental methods was required for the realisation of several proposals but also stimulated theory further. There has been continuous improvement in the construction of experimental apparatuses so far. However, there is still a lack of quantum gas machines which allow to fully control external, internal and orbital degrees of freedoms of degenerate quantum gases in optical lattices. Currently quantum simulations of phenomena like unconventional high-Tc superconductivity are restricted, therefore. In order to close this gap this thesis describes the successful condensation of bosons in the second and forth band of the hexagonal lattice with twofold basis. Using various techniques, a robust transfer of the condensate was achieved. Most frequently a diabatic inversion of the energy difference of the lattice basis enabled the projection of the initial ground state wave function into higher lying states. Consecutive to the excitation into the second band interaction drives the ensemble from the instable band maximum to the two inequivalent Dirac points which are connected by time reversal symmetry. Thereafter tunnelling processes and energy distribution across the different dimensions of the system enable the emergence of coherence within the lattice plane and a superfluid beyond the no-node theorem is formed. The possible microscopic processes are restricted due to the lattice symmetries and several fundamental conservation laws. In a very similar way the formation of a superfluid in the fourth band is possible and indeed observed. The excitation of the condensate to higher orbitals can be described very well by a Landau-Zener model. The relaxation of the atoms to the band minima and the occurring dynamical quantum phase transition is described heuristically by the Hubbard parameters of the lattice and resembles features of the Kibble-Zurek mechanism. Thereby the relevant microscopic processes have been identified successfully. The realised superfluids in excited states are metastable and have a finite lifetime. Within this thesis two distinct decay channels from the literature were observed, which are based on intra band scattering. Phase fluctuations of the lattice laser beams lead to a third decay mechanism, which even occurs in the ground state and decreases coherence times significantly. To realise the aforementioned scientific achievements and the preparation of superfluids in excited metastable states of the optical lattice several technical improvements and developments were necessary. These are described within this thesis in detail. Most of them are in the context of the experiment’s infrastructure improving phase synchronisation and frequency stability of rf sources. A four channel, phase locked DDS based rf source was developed and can be modulated in amplitude, frequency and phase arbitrarily. Due to the improvements the lifetime of the superfluid in the ground state band was increased by an order of magnitude. Especially in Floquet driven systems this increasement is groundbreaking. A new developed phase detector allows the measurement of phase noise in the THz-range independent of the signal’s amplitude. Based on this phase detector an optical phase locked loop was build up to generate a rigid lattice fixed absolutely in space. The performance and specifications are described in detail. In future the stabilisation of the lattice position will increase lifetimes of the atoms in the lattice further. Additionally, a high speed, high accuracy intensity regulation loop for optical lattices is demonstrated and the advantages of the developed electronics are discussed. Further a low noise, high bandwidth and temperature compensated magnetic field sensor which even withstands high magnetic fluxes was successfully developed and is described in detail. Last but not least proposals are discussed to confirm specific properties of the realised unconventional superfluids in higher bands of the hexagonal lattice. Lastly the author suggests a proposal for the realisation of two dimensional spin orbit coupling in the hexagonal lattice by Floquet Engineering.