Jennifer Radwitz, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2021 :

"Die Rolle von Tubulin Isotypen in neuronalem Mikrotubuliwachstum und in Transportprozessen"


"The Role of Tubulin Isotypes in Neuronal Microtubule Growth and Transport Processes"



Summary

Kurzfassung

Obwohl das Gehirn seit mehreren Jahrhunderten untersucht wird, ist seine Funktionsweise noch nicht vollständig verstanden. Es besteht aus einem komplexen Netzwerk von Neuronen, die über Synapsen miteinander verbunden sind. Diese übermitteln chemische und elektrische Signale von einer Zelle zur anderen. Die Fähigkeit des neuronalen Netzwerks und der Synapsen sich an Aktivität anzupassen wird Plastizität genannt und ermöglicht das Filtern von Informationen durch das Verstärken oder Abschwächen bestimmter Gedächtnispfade. Es wurde gezeigt, dass Synapsen auf Stimulierung mit dem Aktivieren einer Kaskade an regulierenden Signalwegen reagieren, einer davon ist die Anpassung von Zytoskelettelementen wie Mikrotubuli oder Aktin Filamenten. Diese Arbeit konzentriert sich auf Mikrotubuli, welche eine Vielzahl an Aufgaben in der Zelle verrichten, zum Beispiel, gerichteten Transport von synaptischen Proteinen. Die Grundbausteine von Mikrotubuli sind alpha- und beta-Tubulin Dimere, die sich aus einem Pool von Tubulin Isotypen zusammensetzen. Diese Studie zeigte, dass chemische Stimulation von hippocampalen Schnitten zu einem Anstieg eines bestimmten Tubulin Isotypen führte. Dies bestätigte, dass das Zytoskelett sich nach synaptischer Stimulierung veränderte und verweist auf eine geänderte Tubulin Isotypen Zusammensetzung. Um das in Verbindung mit der Mikrotubuli Funktion zu setzten, war das Ziel dieser Studie, den Effekt der Tubulin Isotypen Zusammensetzung auf das Mikrotubuliwachstum und den Transport aufzuklären. Ein Tubulin-beta-3 Knock Down wurde etabliert und in neuronalen hippocampalen dissoziierten Zellkulturexperimenten verwendet. Tubulin-beta-3 ist einer der bedeutendsten Isotypen im Gehirn und spezifisch für Neurone. Diese Arbeit zeigte, dass Zellen mit reduzierter Tubulin-beta-3 Expression Tubulin-beta-4 hoch regulierten und, dass Mikrotubuli mit diesen Veränderungen in der Isotypen Verteilung in Dendriten und Axonen schneller wuchsen. Auch das Motorprotein KIF5C und das Cargoprotein N-Cadherin bewegten sich schneller in Axonen mit veränderter Isotypen Konfiguration. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Tubulin Isotypen Expression das Mikrotubuliwachstum und den motor-gesteuerten Transport beeinflussen. Vermutlich spielen sie damit eine Rolle in der Versorgung der Synapsen mit synaptischen Proteinen. Zusätzlich enthält diese Studie ein mathematisches Modell, um das Mikrotubuliwachstum zu simulieren. Als Erweiterung schon existierender Modelle, enthält es verschiedene Tubulin Isotypen als Grundbausteine. Mit diesem Model war es möglich die Mikrotubuliwachstumsdaten des Tubulin-beta-3 Knock Downs zu reproduzieren und das Verhalten des Mikrotubuliwachstums im Falle einer Tubulin-beta-3 Überexpression vorherzusagen. Es ermöglichte außerdem die Analyse der individuellen Isotypenanzahl, die in das Mikrotubulus eingebaut wurde. Zusammenfassend zeigt diese Arbeit, dass die Tubulin Isotypen Zusammensetzung das Mikrotubuliwachstum und Transport Prozesse beeinflusst. Damit hat sie sehr wahrscheinlich die Fähigkeit als Regulator der synaptischen Plastizität und damit der Gedächtnisformierung zu fungieren.

Titel

Kurzfassung

Summary

The brain, although studied for centuries, is still not completely understood. It is constructed of a delicate network of neurons, which are connected by synapses that transmit chemical and electrical signals between cells. The ability of the neuronal network and synapses to adjust to activity is called plasticity and enables the filtering of information by strengthening certain memory paths and weakening others. It was shown that synapses react to stimulation by activating a cascade of regulatory pathways, one of them being the adjustment of cytoskeletal elements as microtubules and actin filaments. This study focuses on microtubules, which perform numerous tasks in the cell. One of them is the directed transport of, for example, synaptic proteins. The building blocks of microtubules are alpha- and beta-tubulin dimers, which are assembled from a pool of tubulin isotypes. This study showed that chemical stimulation of hippocampal slices led to an increase of a distinct tubulin isotype, which confirmed that the cytoskeleton is changing after synaptic stimulation and points to an altered tubulin isotype composition. To put this in relation with microtubule function, the aim of this study was to elucidate the effect of tubulin isotype composition on microtubule growth and transport. A tubulin-beta-3 knockdown was established and used in neuronal hippocampal dissociated cell culture experiments. Tubulin-beta-3 is one of the most prominent beta-isotypes in brain and specific to neurons. This study showed that cells with reduced tubulin-beta-3 expression upregulated tubulin-beta-4 and that microtubules with these changes in isotype composition grew faster in dendrites and axons. Also, the motor protein KIF5C and the cargo protein N-Cadherin moved faster in axons with changed isotype composition. These results show that tubulin isotype expression influences microtubule growth and motor driven transport. Therefore, it might play a role in supplying synapses with synaptic particles. Additionally, this study included a mathematical model to simulate microtubule growth. As enhancement of already existing models, it included several tubulin isotypes as building blocks. With this model it was possible to reproduce microtubule growth data of the tubulin-beta-3 knockdown and predict microtubule growth velocities in the case of a tubulin-beta-3 overexpression. It also enabled the analysis of the individual isotype amounts incorporated into the microtubule. In conclusion this study showed that the tubulin isotype composition of microtubules influences microtubule growth and transport processes. So it is very likely that tubulin isotype expression acts as a regulator in synaptic plasticity and, therefore, memory formation.