Friethjof Theel, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2025 :

"Induzierte Wechselwirkungen zwischen Fremdatomen in eindimensionalen ultrakalten Quantengasen"


"Induced interactions between dressed impurities in one-dimensional ultracold quantum gases"



Summary

Kurzfassung

Quantengase im ultrakalten Temperaturbereich haben sich in den letzten Jahrzehnten als ideale Plattformen für die Untersuchung von grundlegenden Aspekten der Quantenmechanik sowie von Vielteilchensystemen erwiesen. Der Erfolg dieses Wissenschaftszweigs kann in erster Linie auf die exquisite experimentelle Kontrolle der relevanten Systemparameter zurückgeführt werden. Durch die Anwendung von magnetischen und elektrischen Feldern können die Atome in beliebigen externen Potentialen gefangen werden. Weiterhin sind die interatomaren Wechselwirkungen mittels Fano-Feshbach-Resonanzen regulierbar. Das Einfangen mehrerer atomarer Spezies ermöglicht es zudem Mischungen von Quantengasen zu erzeugen, welche sich stark in ihrer Teilchenzahl unterscheiden. Letzteres stellt das Hauptthema dieser Dissertation dar. In diesen Systemen ist eine größere Spezies an eine Spezies mit wenigen Teilchen gekoppelt, welche aus Fremdatomen besteht. Ein einzelnes Fremdatom zusammen mit den Anregungen der größeren Spezies kann als Quasiteilchen verstanden werden, welches auch Polaron genannt wird. Ein faszinierender Aspekt besteht hierin aus der Möglichkeit, die Eigenschaften und mikroskopischen Mechanismen der Quasiteilchen mit Hilfe von vereinfachten Modellen intuitiv zu verstehen, während das gesamte System im Wesentlichen ein Vielteilchenproblem bleibt. In der ersten Publikation wird die Dynamik zweier bosonischer Fremdatome in einem Doppeltopfpotential untersucht. Die beiden Atome sind mit einer bosonischen Majoritätsspezies gekoppelt, welches sich entweder in einem eindimensionalen Kasten- oder harmonischen Oszillatorpotential befindet. In Abhängigkeit von den Wechselwirkungsstärken zwischen den Fremdatomen, sowie zwischen der Majoritätsspezies und den Fremdatomen, wird ein Phasendiagramm erstellt, das die Zweiteilchendichte bezüglich ihrer Korrelationsmuster klassifiziert. Bei abstoßenden oder anziehenden Kopplungsstärken zwischen den beiden Spezies, induziert die Majoritätsspezies eine attraktive Wechselwirkung zwischen den beiden Fremdatomen, welches zu einer Ballung in der Zweiteilchendichte führt. Bei starken Wechselwirkungen sorgt die induzierte Anziehung für die Formation eines gebundenen Zustands, dem Bipolaron. Wird die Abstoßung zwischen den Fremdatomen erhöht, kann das Korrelationsmuster der Zweiteilchendichte in ein anti-korreliertes Muster überführt werden. Um das System in einen dynamischen Zustand zu versetzen, wird die zentrale Barriere des Doppeltopfpotentials heruntergefahren. In einem Bereich, in dem die induzierte Anziehung überwiegt, kollidieren die beiden Fremdatome in der Mitte des Potentials, wo sie im weiteren Zeitverlauf lokalisiert bleiben. Im Falle einer harmonisch eingeschlossenen Majoritätsspezies und für geringe Wechselwirkungsstärken führt das Verringern der Barriere zu einer periodischen Oszillation der Fremdatome, die für großen Abstoßungen in eine Phasenseparation übergeht. Inspiriert durch die Möglichkeit, die Korrelationsmuster der Fremdatome mittels Wechselwirkungsparameter zu kontrollieren, konzentrieren sich die nächsten drei Arbeiten auf die explizite Quantifizierung der zugrunde liegenden induzierten Wechselwirkung. In der ersten Arbeit dieser Reihe werden zwei unterscheidbare und nicht wechselwirkende Fremdatome untersucht, welche an eine harmonisch eingeschlossene Majoritätsspezies gekoppelt sind. Eine Besonderheit ist, dass die Kopplungsstärken der beiden Fremdatome individuell eingestellt werden können. Diese Flexibilität ermöglicht es, ein Fremdatom attraktiv an die Majoritätsspezies koppeln zu lassen, während das andere Fremdatom Letztere abstößt, welches schlussendlich zu einem anti-korrelierten Muster in der Zweiteilchen-Korrelationsfunktion führt. Sobald beide Fremdatome mit dem gleichen Vorzeichen an die Majoritätsspezies koppeln, zeigt das Korrelationsmuster wieder das bekannte Ballungsverhalten auf. Der Kern dieser Arbeit besteht darin, mithilfe eines effektiven Zweiteilchenmodells die Korrelationsmuster mit einer induzierten attraktiven und abstoßenden Wechselwirkung in Verbindung zu bringen. Darüber hinaus wird die Bildung eines Dimer- und Trimerzustandes im stark anziehenden Bereich unter Zuhilfenahme der Dreiteilchen-Korrelationsfunktionen untersucht. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen widmet sich die nächste Arbeit dem dynamischen Fall. Die Dynamik wird durch eine zeitlich lineare Veränderung der Wechselwirkungsparameter hervorgerufen. Für ein intuitives Verständnis werden entsprechende Ein- und Zweiteilchenmodelle entwickelt und miteinander verglichen. Das Einteilchenmodel, welches die beste Übereinstimmung mit den Resultaten einer Vielteilchenmethode erlangt, besteht aus einer zeitabhängigen effektiven Masse und Fallenfrequenz. Die beiden effektiven Parameter entstammen einem Optimierungsprozess, das in der Lage ist, jene zeitlichen Effekte mit zu berücksichtigen, welche von Korrelationen zwischen dem Fremdatom und der Majoritätsspezies hervorgerufen werden. In einer ähnlichen Weise wird das induzierte Wechselspiel zwischen den beiden Fremdatomen mit einem effektiven Zweiteilchenmodell bestimmt. Dafür werden zwei Einteilchenmodelle mit einem zeitabhängigen Kontaktwechselwirkungspotential miteinander verbunden. Die entsprechende zeitabhängige Wechselwirkungsstärke ergibt sich aus einer Optimierung bezüglich der Zweiteilchen-Korrelationsfunktion. Angewandt auf verschiedene dynamische Systeme, konnte mittels des effektiven Zweiteilchenmodells der Übergang von einer induzierten Anziehung hin zu einer induzierten Abstoßung beobachtet werden, sowie der umgekehrte Fall. Insbesondere liefert die Vorgehensweise, in welcher die Dynamik der Quasiteilchen im Sinne von zeitabhängigen effektiven Parametern modelliert wird, einen neues Werkzeug für das intuitive Verständnis solcher Systeme. Die dritte Studie erforscht eine alternative Methode zur Bestimmung der induzierten Wechselwirkung. Anstatt Letztere auf der Grundlage von Zweiteilchen-Korrelationsfunktionen zu quantifizieren, wie in den beiden vorherigen Studien getan, basiert in dieser Arbeit ihre Spezifizierung auf den Polaronenergien. Das zu untersuchende System besteht aus bis zu drei Fremdatomen, welche in einem gekippten Doppeltopfpotential eingeschlossen und an ein bosonisches Gas in einem Ringpotential gekoppelt sind. Das effektive Verhalten der Fremdatome wird mit entsprechenden Zwei- und Dreiteilchenmodellen erfasst, wobei die jeweiligen Zwei- und Dreiteilchen-Wechselwirkungsparameter so justiert werden, dass die effektiven Modelle den Polaronenergien entsprechen. Letztere werden mittels eines Vielteilchenmodells bestimmt. Des Weiteren erlaubt das gekippte Doppeltopfpotential den Einfluss der induzierten Wechselwirkungen auf die Einteilchendichte der Fremdatome zu messen. Die Berechnungen der Vielteilchenmodelle der oben erwähnten Studien werden mit der Multi-Layer Multi-Configuration Time-Dependent Hartree-Methode für atomare Mischungen durchgeführt. Ultrakalte Quantengase bieten nicht nur die Möglichkeit, Michungen mit stark variierender Teilchenzahl zu untersuchen, sondern erlauben auch Einblicke in andere faszinierende Modelle, wie z.B. das Anyon-Hubbard-Modell, welches Gegenstand der letzten Arbeit dieser Dissertation ist. Insbesondere werden Teilchen mit anyonischer Vertauschungsrelation betrachtet, welche in einem Gitterpotential mit offenen Randbedingungen gefangen sind. Für den Fall, dass die Teilchen nur über einen dichteabhängigen Kopplungsterm miteinander wechselwirken, weist das Eigenspektrum einen entarteten Unterraum auf, welcher aus Eigenzustände mit verschwindender Eigenenergie besteht. Es stellt sich heraus, dass die Eigenzustände in diesem Unterraum eine chiralen Symmetrie beitzen, welche erhalten bleibt, auch wenn der statistische Parameter variiert wird. Zudem führt die chirale Symmetrie zu einem Schachbrettmuster innerhalb der Einteilchenkorrelationsfunktion. Eine weitere interessante Eigenschaft des Unterraums ist die Realisierung von nicht-trivialen Berry-Phasen und Holonomiematrizen, welche aus einer adiabatische Entwicklung des Unterraums hervorgehen. Während dieser Entwicklung durchläuft der statistische Parameter einen Zyklus vom bosonischen zum pseudo-fermionischen und wieder zurück zum bosonischen Fall. Im letzten Schritt dieser Arbeit wird ein Protokoll vorgestellt, welches in der Lage ist, nur mithilfe von Variationen des statistischen Parameters einen simplen Anfangszustand in einen Eigenzustand mit verschwindender Energie zu überführen.

Titel

Kurzfassung

Summary

Quantum gases at ultracold temperatures have been proven over the last three decades to be ideal platforms for studying fundamental aspects of quantum mechanics and many-body systems. The success of this field is primary due to the exquisite experimental control over relevant system parameters. By applying magnetic and electric fields, the atoms can be confined in arbitrary external potential landscapes, and the interatomic interaction is tunable via Fano-Feshbach resonances. The realization of several species of atoms or different hyperfine states of the same isotope expands the number of adjustable parameters and opens up the possibility to explore highly particle-imbalanced ultracold mixtures, which is the main subject of this dissertation. In these systems, a majority species is coupled to a minority one consisting of impurity atoms that can become dressed by the excitations of the majority species. This gives rise to the notation of quasi-particles such as polarons. An intriguing aspect is the possibility to intuitively understand the properties and microscopic mechanisms of the dressed impurities in terms of simple few-body models, while the overall system remains essentially many-body. We focus on the static and dynamical properties of impurities immersed into an ultracold bosonic gas in one dimension. The first publication investigates the counterflow dynamics of two bosonic impurities confined in a double-well potential and coupled to a majority species trapped in either a box or harmonic oscillator potential. We classify the emerging two-body correlation patterns and extract the ensuing phase diagram, which highly depends on the interspecies and impurity-impurity coupling parameters as well as the underlying trapping potential of the medium. For repulsive or attractive interspecies coupling strengths the medium induces a bunching behavior between the impurities such that at strong attractions we find signatures of a bound state among the impurities signaling the formation of a bipolaron. The bunching behavior can be converted into an anti-bunching tendency by increasing the repulsion between impurities, in this way, overcoming the effects of the induced attraction. To trigger the counterflow between the impurities, the central barrier of the double-well potential is ramped down. For a box confined medium, in a region where the induced attraction dominates the internal impurity-impurity repulsion, the impurities collide at the trap center where they remain localized. However, in case of a harmonically confined medium, the impurities perform a periodic oscillation and at large impurity-medium repulsions they are expelled from the trap center. Inspired by the tunability of the induced impurity-impurity correlation patterns, the next three works investigate in more detail the mediated interactions between the impurities. In the first work of this series, we consider two distinguishable and non-interacting impurities coupled to a harmonically confined bosonic gas. This setup features two impurity-medium coupling parameters that can be tuned individually. Exploiting this flexibility, we find an anti-bunching tendency emerging in the two-body correlation function if one impurity attracts the medium and the other repels it. When both impurities couple with the same sign to the majority species, the expected bunching behavior between the impurities is recovered. Importantly, the mediation of an anti-bunching behavior in such settings is reserved to mixtures with three or more components and, therefore, is absent in binary mixtures. By constructing an effective two-body model, which approximates the induced interaction between the mobile impurities in terms of a contact interaction potential, we are able, for the first time, to associate the anti-bunching behavior with an effective repulsive interaction and the induced bunching behavior with an effective attraction. Moreover, we study the formation of a dimer and trimer state in the strongly attractive regime by inspecting three-body correlation functions. In a subsequent work, we investigate the dynamical response of the impurities by linearly ramping the impurity-medium interaction parameters in time. In this course, we devise effective one- and two-body models in order to gain an intuitive understanding of the induced interplay between the impurities. First, we focus on the effective description of the dynamics of one impurity. We find the best agreement with the emergent many-body dynamics for a model consisting of a time-dependent effective mass and trap frequency. These time-dependent effective parameters are determined by an optimization process which enables the model to account even for temporal effects imprinted by impurity-medium correlations. Building on the success of the effective one-body model, we simulate the induced interplay between two impurities with different types of effective two-body models. The best agreement with the two-body correlation function of a many-body approach achieves the two-body model which includes a time-dependent contact interaction potential with an optimized interaction strength. Evaluating the evolution of the effective interaction strength, we are able to track the crossover from an induced attraction to an induced repulsion and vice versa. Importantly, this study provides a stepping stone for the effective description of the many-body dynamics of impurities by relying on time-dependent parameters rather than static ones. Instead of quantifying the induced interactions between the impurities in terms of two-body correlation functions, in another study, we pursue a different direction and interpret the induced interactions in the context of bipolaron and three-polaron energies. The system under investigation consists of up to three impurity atoms confined in a tilted double-well potential and coupled to a bosonic gas on a ring potential. The effective two- and three-body interaction parameters are determined by fitting the energies of the respective two- and three-body models to the polaron energies obtained within a many-body approach. Remarkably, we are able to explicate the presence of mediated two- and three-body interactions by measuring the impurities' density population at the energetically elevated well. The many-body results of the above mentioned studies are obtained by the ab initio multi-layer multi-configuration time-dependent Hartree method for atomic mixtures. Ultracold quantum gases not only offer the possibility to study imbalanced particle mixtures, but also allow us to gain insights into other fascinating models such as the Anyon-Hubbard model, to which the final work of this dissertation is dedicated. We consider particles with anyonic exchange statistics distributed on a finite lattice with open boundary conditions. In the absence of on-site interactions the eigenspectrum exhibits a degenerated zero-energy subspace with chiral symmetry that is even preserved under variations of the statistical angle. We demonstrate that the chiral symmetry is responsible for the emergence of a checkerboard pattern in the experimentally accessible one-body density. Next, we adiabatically evolve the zero-energy subspace while cyclically tuning the statistical parameter from a value corresponding to Bose statistics to a value associated with pseudo-fermions and back to Bose statistics. We find that this loop in control space produces nontrivial Berry phases and holonomy matrices. Finally, we provide a protocol to steer any initial number state into the zero-energy subspace only by temporally varying the statistical parameter.