Kurzfassung
Ultrakalte atomare Quantengase sind aufgrund ihrer exzellenten Isolation von der Umgebung und der präzisen Kontrollierbarkeit ihrer relevanten Eigenschaften wie der Wechselwirkung zwischen den Teilchen in vielen Bereichen der modernen Physik allgegenwärtig. Unter Verwendung externer Potenziale lassen sich nahezu beliebige räumliche Anordnungen dieser Partikel realisieren und manipulieren. Diese Vielseitigkeit macht ultrakalte Atome zu einer idealen Plattform zur Simulation anderer Quantensysteme und zu vielversprechenden Kandidaten im Bereich der Quanteninformationstechnologie. Eine entsprechende theoretische Beschreibung solcher Systeme beinhaltet jedoch meist komplexe Vielteilchenprobleme, die selten analytisch gelöst werden können. Aus diesem Grund ist die Entwicklung leistungsfähiger numerischer Ansätze von essentieller Bedeutung.
Die vorliegende Arbeit verwendet multi-layer multi-configuration time-dependent Hartree (ML-MCTDH) Methoden, um ultrakalte Vielteilchensysteme zu simulieren. Diese Familie von ab initio Algorithmen stammt aus dem Bereich der Quantenchemie zur Beschreibung molekularer Dynamik, wurde aber später auf eine Vielzahl anderer Probleme ausgeweitet und um die Beschreibung ununterscheidbarer Teilchen erweitert. Die Stärke dieser Methoden beruht auf der Verwendung von variationell optimalen, zeitabhängigen Basisfunktionen, um eine kompakte Repräsentation der Vielteilchenwellenfunktion zu erhalten. Durch die Konstruktion hierarchischer, mehrschichtiger Ansätze lassen sich komplexe zusammengesetzte Quantensysteme mit vielen Freiheitsgraden behandeln. Die vorliegende Thesis setzt sich mit der Entwicklung methodischer und implementierungstechnischer Verbesserungen sowie der Anwendung der Methode auf neuartige System auseinander.
Wenngleich ML-MCTDH Methoden in vielen Fällen zu einer kompakten Darstellung der Vielteilchenwellenfunktion führen, können auch sie dem exponentiellen Anstieg des numerischen Aufwands nicht entkommen, der mit der Erhöhung der Teilchenzahl einhergeht oder wenn signifikante Korrelationen eine Vielzahl an Basisfunktionen erfordern. In den letzten Jahren wurden verschiedene Ansätze vorgeschlagen, um die Rechenzeit der Methoden weiter zu reduzieren. Allerdings lassen sich diese Schemata nicht ohne weiteres auf ultrakalte Atome übertragen oder sind für nicht-triviale Dynamik ungeeignet. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird deshalb ein neuartiger Beschneidungsalgorithmus für bosonische Ensembles entwickelt, der die wichtigsten Vielteilchenzustände automatisch selektiert und diese Auswahl dynamisch an die Zeitentwicklung des Systems anpasst. Anhand zweier typischer Szenarien aus dem Feld der ultrakalten Atome wird demonstriert, dass die Methode die Physik akkurat beschreibt und in einigen Fällen den numerischen Aufwand deutlich reduziert.
Ein besonders faszinierender Aspekt der Quantensimulation ist die Möglichkeit ultraschnelle Prozesse wie die Dynamik von Elektronen mit langsameren, atomaren Teilchen zu emulieren. Vor diesem Hintergrund können kontrollierte Kollisionen ultrakalter Atome in bewegten Potentialtöpfen zum Verständnis der fundamentalen Prozesse in Zusammenstößen zwischen Atomen beitragen, in dem sie die Rolle von Elektronen übernehmen.Darüber hinaus wurden ähnliche Szenarien zur Erzeugung von Quantenverschränkung und der Realisierung von Quantengattern im Rahmen der Quanteninformationsverarbeitung vorgeschlagen. Deshalb setzt sich die vorliegende Dissertation in einem zweiten Schwerpunkt mit der Nichtgleichgewichtsdynamik bosonischer Teilchen in kollidierenden Potentialtöpfen auseinander, die experimentell mit optischen Pinzetten realisiert werden können. Diese Studie beleuchtet die wichtigsten Signaturen der Dynamik wie der Erzeugung von Quantenverschränkung, dem Teilchentransport und dem Entkommen der Partikel aus den Potentialen.
Quantenspinmodelle tauchen in vielen Bereichen der Physik wie der Quanteninformation oder der kondensierten Materie auf und wurden experimentell unter anderem mit ultrakalten Quantengasen und Rydberg-Atomen realisiert. Die theoretische Beschreibung dieser Systeme ist anspruchsvoll, insbesondere wenn Unordnung zu einem hohen Ausmaß an Entartung im Niederenegiespektrum führt. Dies kann in einer Verletzung des Flächen-Gesetzes der Verschränkungsentropie resultieren, dessen Gültigkeit eine fundamentale Annahme vieler numerischer Ansätze darstellt, zum Beispiel von Methoden die auf Matrix-Produkt-Zuständen basieren. Aus diesem Grund untersucht die vorliegende Arbeit in einem dritten Fokus, inwiefern ML-MCTDH solche Szenarien bewältigen kann. Zu diesem Zweck werden die Grundzustände verschiedener ungeordneter Modelle berechnet und die Resultate mit anderen etablierten Methoden verglichen. Es zeigt sich, dass ML-MCTDH auch in der Gegenwart von starker Unordnung genaue Ergebnisse liefert und daher als ein weiterer vielversprechender Ansatz zur Beschreibung von Quantenspinsystemen in Betracht gezogen werden sollte.
Quantum gases of ultracold atoms are ubiquitous in modern physics as they offer excellent isolation from the environment as well as fine-grained control over their relevant characteristics such as interparticle interactions. Almost arbitrary spatial arrangements of these particles can be realized and manipulated by employing external potentials. This versatility renders ultracold atoms an ideal platform for the simulation of other quantum system as well as promising candidates in the field of quantum information. However, the corresponding theoretical description usually involves complex many-body problems which can rarely be solved analytically, thus rendering the development of powerful numerical approaches crucial. The present thesis employs the family of multi-layer multi-configuration time-dependent Hartree (ML-MCTDH) methods in order to simulate ultracold quantum many-body systems. While this class of ab-initio approaches originates from the description of molecular dynamics in quantum chemistry, it was later applied to a plethora of other problems and extended to capture indistinguishable particles such as ultracold atoms. The strength of this class of algorithms stems from the fact that they employ variationally optimal, time-dependent basis functions in order to obtain a compact representation of the many-body wave function. The construction of hierarchical multi-layer ansätze allows for the treatment of large and complex composite quantum systems. The present thesis focuses on the development of methodological and implementational improvements as well as the application of the method to novel scenarios. Even though ML-MCTDH methods can often yield compact representations of the many-body wave function, they too cannot escape the exponential scaling of computational complexity as the number of particles increases or when strong correlations in the system require numerous basis functions in order to obtain accurate results. In recent years, various different approaches have been proposed to tackle this problem and reduce the numerical effort. Unfortunately, these schemes cannot be easily transferred to ultracold atom setups or are unable to adapt to non-trivial dynamics. Hence, a novel dynamical pruning approach targeting bosonic particles is developed in the scope of the present thesis. The scheme automatically selects the most relevant many-body states and adapts to the time-evolution of the system. The algorithm is benchmarked using two typical scenarios motivated from ultracold atom physics and found to capture the physics accurately while significantly reducing the computational effort in some cases. A particularly fascinating aspect of quantum simulation is the emulation ultrafast processes such as electronic dynamics with slower-moving atomic particles. In light of this strategy, controlled collisions of ultracold atoms confined in moving potential wells may serve as a test bed to unravel the fundamental processes in atom-atom collisions by taking on the role of electrons. Furthermore, similar scenarios have been proposed as a means to generate entanglement and implement quantum gates in the context of quantum computing. Therefore, the second focus of the present dissertation is to investigate the nonequilibrium dynamics of bosonic particles in colliding potential wells which can be realized experimentally using optical tweezers. This study illuminates the main signatures of the dynamics such as entanglement build-up as well as the transport and untrapping of particles. Quantum spin models are relevant in many areas of physics such as quantum information or condensed matter physics and have been realized experimentally using ultracold atoms or in the related field of Rydberg atoms, among others. The theoretical description of these systems is often challenging, especially when disorder comes into play. Disorder can result in a high level of degeneracy in the low-energy spectrum and the violation of the so-called area law of entanglement entropy which is a fundamental assumption of many numerical approaches, such as those based on matrix product states. The present thesis studies how the ML-MCTDH method can handle such scenarios by computing the ground states of different disordered models and comparing the results with other established numerical approaches. ML-MCTDH is found to yield accurate results even in the presence of strong disorder and should be considered as another promising approach for the investigation of quantum spin systems.