Evangelos Nagel, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2020 :

"Hochpräzise optische und nahinfrarote Velocimetrie mit CARMENES"


"High precision optical and near-infrared velocimetry with CARMENES"



Summary

Kurzfassung

Die Suche nach erdähnlichen Planeten in der habitablen Zone ist eines der Hauptziele der Exoplanetenforschung. Wenn sich Planeten um sonnenähnliche Sterne bewegen, verursachen sie über einen Zeitraum von etwa einem Jahr Dopplersignale in der Größenordnung von ∼ 10 cm/s. Aus diesem Grund wurde der Fokus von Planetensuchen zuletzt auf massearme Sterne gelegt, da bei diesen die Dopplersignale größer und die Umlaufperioden kürzer sind. Eine Suchkampagne, die auf der Radialgeschwindigkeitsmethode beruht, wird zurzeit von CARMENES durchgeführt. CARMENES ist ein Spektrometer, welcher im optischen und nahinfraroten Wellenlängenbereich sensitiv ist. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren beobachtet CARMENES eine Auswahl von ∼ 300 M Zwergen, um massearme Planeten in der habitablen Zone zu detektieren. Im ersten Teil dieser Arbeit befasse ich mich mit der Verbesserung der Messgenauigkeit von Radialgeschwindigkeiten bei CARMENES, indem der Einfluss der Erdatmosphäre auf die Spektren verringert wird. Neben der stellaren magnetischen Aktivität gehört tellurische Kontamination zu einer der wesentlichen Hürden auf dem Weg zu einer höheren Messgenauigkeit von Radialgeschwindigkeiten. Synthetische Transmissionsmodelle der Erdatmosphäre sind eine ausgezeichnete Alternative im Vergleich zu anderen Methoden der tellurischen Korrektur. M Zwerge jedoch weisen eine große Anzahl von Spektrallinien auf, so dass sich das Fitten von Transmissionsmodellen als problematisch erweist. Daher habe ich eine neue Methode namens Template Division Telluric Modeling (TDTM) entwickelt, welche das tellurische und stellare Spektrum voneinander trennt, um anschließend ein Transmissionsmodell an das tellurische Spektrum zu fitten mit dem die tellurischen Linien korrigiert werden können. Die Fähigkeiten der TDTM Methode wird an optischen und nahinfraroten CARMENES Spektren von dem schnell rotierenden tellurischen Standardstern 109 Vir und dem M3.5 V Stern GJ 273 gezeigt. Um den Einfluss der tellurischen Korrektur auf die Messgenauigkeit der Radialgeschwindigkeiten zu untersuchen, habe ich die TDTM Methode auf Spektren von GJ 1012 angewendet, einem M4.0 V Stern, der eine geringe Radialgeschwindigkeitsvariabilität aufweist. Die Messgenauigkeit wurde daraufhin mit der von der CARMENES Pipeline verglichen, welche auf der Ausgrenzung der tellurischen Linien basiert. Es hat sich herausgestellt, dass die Messgenauigkeit im optischen Wellenlängenbereich vergleichbar ist mit der durch die Abdeckung erzielten. Im Nahinfraroten hingegen hat sich die Messgenauigkeit signifikant erhöht. Die Streuung in den Radialgeschwindigkeiten wurde von 9.5 m/s auf 5.7 m/s um fast einen Faktor zwei verringert. Dieses Ergebnis verdeutlicht, dass der Einfluss der tellurischen Korrektur im Optischen vernachlässigbar klein ist. Im nahinfraroten Bereich hingegen ist die Korrektur der tellurischen Linien ein entscheidender Faktor, um das Potential von optischen und nahinfraroten Spektrographen voll auszuschöpfen und somit Radialgeschwindigkeitssignale mit kleinen Amplituden zu messen. Der zweite Teil dieser Arbeit befasst sich mit der Detektion und Charakterisierung eines extrasolaren Planetensystems um den kühlen, massearmen M Zwerg GJ 4276. Ich habe die Variabilität der Radialgeschwindigkeit von GJ 4276 untersucht und ein periodisches Signal bei 13.35 Tagen entdeckt. Da M Zwerge zu den magnetisch aktivsten Sternen gehören, habe ich verschiedene Aktivitätsindikatoren untersucht, um sicherzustellen, dass die Radialgeschwindigkeitsvariation nicht von der Aktivität herrührt. Nachdem das Radialgeschwindigkeitssignal auf einen Planeten zurückgeführt werden konnte, habe ich drei Keplermodelle betrachtet: eines mit einem Planeten auf einer Kreisbahn, eines mit einem Planeten auf einer exzentrischen Bahn, und eines mit zwei Planeten auf Kreisbahnen in einem Umlaufverhältnis von 2:1. Von diesen Modellen habe ich die am besten passendsten Bahnelemente bestimmt. Um die Fitqualitäten zu vergleichen, habe ich Likelihood-Quotienten-Tests durchgeführt, aufgrund dessen das Modell mit einem Planeten auf einer Kreisbahn verworfen wurde. Meine statis- tischen Analysen haben ergeben, dass das Modell mit einem Planeten auf einer exzentrischen Bahn leicht zu bevorzugen ist. Dieses ergibt für den Planeten um GJ 4276 eine minimale Planetenmasse von ∼ 16 Erdmassen und eine Exzentrizität, die mit zu den höchsten heute bekannten zählt. Das Modell mit den zwei Planeten kann jedoch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschloßen werden. Die Resultate verdeutlichen ein generelles Problem von Radialgeschwindigkeitsmessungen bezüglich der Entartung eines Modells mit einem Planeten auf einer exzentrischen Bahn und dem zweier Planeten auf Kreisbahnen in einem Umlaufverhältnis von 2:1.

Titel

Kurzfassung

Summary

The search for Earth-like planets in their habitable zones is one of the main goals in exoplanet research. When orbiting solar-like stars, these planets cause Doppler signals on the order of ∼ 10 cm/s over a period of roughly one year. For that reason planet searches started to focus on low-mass stars, where Doppler signals are larger and periods are shorter. A radial velocity based planet search campaign is conducted by CARMENES, which is a spectrometer that operates from the visual to the near-infrared wavelength range. Over a period of several years CARMENES monitors a sample of ∼ 300 M dwarf stars to detect low-mass planets in their habitable zones. In the first part of this thesis I put the focus on how to improve the radial velocity precision of CARMENES by mitigating the effect of the Earth’s atmosphere on the data. Beside stellar magnetic activity, telluric contamination is one of the main obstacles in achieving higher radial velocity precision. Synthetic transmission models of the Earth’s atmosphere are an excellent alternative to other telluric correction methods. However, M dwarf stars exhibit numerous intrinsic features and fitting synthetic transmission models is quite problematic. Therefore, I developed a new method dubbed Template Division Telluric Modeling (TDTM), that is suited to disentangle telluric and stellar spectral components, to fit a transmission model, and to subsequently derive telluric-free spectra. The performance of the TDTM technique is demonstrated on visual and near-infrared CARMENES spectral time series of the fast rotating telluric standard star 109 Vir and the M3.5 V dwarf GJ 273. To study the impact of the telluric correction on the achievable radial velocity precision, I applied the TDTM technique to observations of GJ 1012, a M4.0 V dwarf that shows a low level of radial velocity variability. The radial velocity precision was compared to that produced by the standard CARMENES radial velocity pipeline, which incorporates conservative masking of telluric lines. In the visual wavelength range it turned out that the radial velocity precision after the correction is comparable to that achieved using the telluric masking approach. The impact of the telluric correction is significantly higher in the near-infrared range, where the radial velocity scatter was decreased by almost a factor of two from 9.5 m/s to 5.7 m/s. These results imply that the impact of the telluric correction on radial velocity precision is negligible in the visual range. In the near-infrared regime, however, the proper treatment of telluric lines is crucial to fully exploit the potential of near-infrared spectrographs to measure low-amplitude radial velocities. The second part of this thesis is an in-depth study of the detection and characterization of an extrasolar planetary system around the cool low-mass M dwarf star GJ 4276 using precise Doppler spectroscopy obtained with CARMENES. I studied the radial velocity variability of GJ 4276 and found a periodic signal at 13.35 days. Since M dwarf stars are among the magnetically most active stars, I examined various activity indicators to ensure that the radial velocity variation is not activity related. After establishing the planetary origin of the radial velocity signature, I juxtaposed three Keplerian models, in particular, a single-planet with a circular orbit, a single-planet with an eccentric orbit, and two planets on circular orbits with a period ratio 2:1, and derived the best-fit orbital parameters. To compare the fit qualities I carried out likelihood ratio tests on the grounds of which the circular single-planet scenario was rejected. Based on my statistical analyses, I found that the eccentric single-planet solution is slightly preferred revealing an exoplanet with a minimum mass of ∼ 16 Earth masses with one of the most eccentric orbits known today. However, the two planet solution could not be excluded with high confidence. These results highlight a general problem inherent in radial velocity observations related to the model degeneracy between a single-planet eccentric orbit and two planets in circular orbits near the 2:1 mean-motion resonance.