Kurzfassung
Seit der Entdeckung des solaren Aktivitätszyklus von Schwabe im 19. Jahrhundert hat die Erforschung stellarer Aktivität enorme Fortschritte gemacht. Da die Sonne der einzige Stern ist, den wir detailliert auflösen können, können sonnenartige Aktivitätsphänomene auf anderen Sternen indessen hauptsächlich indirekt durch photometrische und spektroskopische Beobachtungen beobachtet werden. Diese Aktivitätsphänomene, wie Sternflecken und Plages, werden unterschiedlichen Schichten einer Sternatmosphäre zugeschrieben. Zwischen Photosphäre und Korona stellt die Chromosphäre den Teil der Sternatmosphäre dar bei der sich die Temperatur nach außen wieder erhöht, während die Dichte stark abnimmt. Sie ist sehr sensitiv auf Veränderungen der magnetischen Aktivität, da sich das Chromosphärenmaterial als eng gebunden an die Magnetfeldlinien erweist. Daher repräsentieren Spektrallinien, die in der Chromosphäre entstehen, zuverlässige Indikatoren stellarer Aktivität. M-Zwerg Sterne befinden sich am kühlen Ende der Hauptreihe und sind in einen Fokus astrophysikalischer Forschung gelangt, weil sie einem Spektraltyp mit starken Aktivitätseigenschaften angehören. Modelle chromosphärischer Temperaturstrukturen von M Zwergen erlauben es sich der Natur und dem Verhalten von Sternatmosphären mithilfe von Vergleichen zu beobachteten Spektrallinien anzunähern.
Der erste Teil dieser Arbeit widmet sich der Erzeugung von eindimensionalen PHOENIX Modellchromosphären, die dazu in der Lage sind, simultan die drei chromosphärischen Linien von Na I D 2 , H-alpha und der blauesten Linie des Ca II Infrarot-Tripletts in CARMENES Beobachtungen adäquat zu reproduzieren. Die Modelle werden für eine Auswahl von 50 M2 – 3 V Sternen erstellt, die von CARMENES beobachtet wurden. Die Temperaturstrukturen der Modellchromosphären folgen dem eindimensionalen Ansatz der klassischen Struktur der durchschnittlich ruhigen Sonne. Beliebige lineare Temperaturanstiege werden in den Chromosphärenmodellen auf ein darunter liegendes Photosphärenmodell aufgesetzt. Eine Parametrisierung der Temperaturstruktur wird benutzt, um die obere Atmosphäre in drei unterschiedliche Sektionen zu unterteilen: Die untere und obere Chromosphäre sowie die untere Transition Region. Die freien Parameter werden angepasst, um die untersuchten chromosphärischen Linien zu reproduzieren. Während die Inaktiven der untersuchten Sterne gut durch Einzelmodelle repräsentiert werden, ist es notwendig die aktiven Sterne durch Linearkombinationen aus jeweils einer inaktiven und einer aktiven Modellkomponente zu modellieren. Letztere Methode ermöglicht es auch Füllfaktoren der Sternoberfläche abzuleiten. Die Untersuchung der variablen Sterne aus der Stichprobe unter Anwendung von Linearkombinationen von Modellen zeigt, dass ansteigende Aktivitätszustände zu einem stärkeren Beitrag der aktiven Modellkomponente führen.
Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit einer Modelluntersuchung des Verhaltens der He I Infrarot (IR) Linie bei 10 833 A in derselben Auswahl an Sternen wie im ersten Teil der Arbeit. Die Modelle mit der besten Übereinstimmung zu den beobachteten Sternen aus dem vorherigen Teil sagen ebenfalls Absorption innerhalb der He I IR Linie vorher. Darüberhinaus wird der existierende Modellsatz durch Modelle mit systematischen Modellserien erweitert, die in ihrer Aktivität variieren, um die Linie genauer im Hinblick auf Aktivitätszustände zu untersuchen. Die He I IR Linie ist sehr sensitiv auf Aktivitätsveränderungen in Sternen. Die Bildung von He I IR Absorption hängt stark vom Photoionisations- und Rekombinationsmechanismus ab. Die Entwicklung der He I IR Linie mit zunehmender Aktivität ist mit derjenigen der H-alpha Linie vergleichbar. Die Untersuchung der He I IR Linienstärke als Funktion der extremen Ultraviolettstrahlung offenbart, dass steigende Aktivität die Absorption zunächst verstärkt und die Linie schließlich auffüllt aufgrund eines ansteigenden Beitrags der Kollisionsanregung.
Die im Laufe dieser Arbeit durchgeführten Studien zeigen, dass eindimensionale PHOENIX Modelle von M-Zwerg Chromosphären mit parametrisierten Temperaturstrukturen dazu fähig sind, die Formen und Stärken von Spektrallinien aus der Chromosphäre zu reproduzieren. Außerdem bieten diese Modelle die Möglichkeit an detaillierte Informationen über Formationsmechanismen von Spektrallinien mithilfe von Simulationen unterschiedlicher magnetischer Aktivität zu gelangen.
Since the discovery of the solar activity cycle by Schwabe in the 19th century, the research of stellar activity has made enormous advances. However, since the Sun is the only star whose surface we can resolve in detail, solar-like activity phenomena in stars other than the Sun can mostly be observed indirectly through photometric and spectroscopic observations. These activity phenomena, such as starspots and plages, are attributed to different layers of the stellar atmosphere. Between the photosphere and corona, the chromosphere constitutes the part of a stellar atmosphere where temperature starts to outwardly increase again, while density strongly declines. It is very sensitive to changes in magnetic activity, as material in the chromosphere appears to be strongly connected to the magnetic field lines. Therefore, spectral lines arising in the chromosphere represent reliable indicators of stellar activity. Constituting the cool end of the main sequence, M-dwarf stars have become a focus of astrophysical research, as they are a spectral type exhibiting strong activity features. Modeling chromospheric temperature structures of M dwarfs allows us to approach the nature and behaviour of stellar atmospheres by comparing synthetic spectral lines to observed lines. The first part of this thesis is dedicated to the creation of one-dimensional PHOENIX model chromospheres that are able to simultaneously reproduce the three chromospheric lines of Na I D 2 , H-alpha, and the bluest Ca II infrared triplet line in CARMENES observations in an adequate manner. The modeling is conducted for a sample of 50 M2–3 V stars observed by the CARMENES spectrograph and the temperature structures of the model chromospheres follow the one-dimensional approach of the classical structure of the average quiet Sun. In the chromosphere models, arbitrarily linear temperature rises are attached to an underlying photosphere model. A parameterization of the temperature structure is then used to divide the upper atmosphere into three different sections: the lower and upper chromosphere and the lower transition region. The free parameters are adjusted to fit the investigated chromospheric lines. While inactive stars of the stellar sample are well fitted by single-model fits, active stars need to be modeled by linear combinations of an inactive and an active model component. The latter method also accesses the possibility to derive surface filling factors. Investigating the variable stars of the stellar sample by applying linear-combination fits shows that increasing activity states lead to a stronger contribution of the active model component. The second part deals with a model investigation of the behavior of the He I infrared (IR) line at 10 833 A in the same stellar sample as in the first part of this thesis. Previous best-fit models also predict absorption within the He I IR line. Furthermore, the existing model set is extended by models of systematic series varying in activity to examine the line in terms of activity states more precisely. The He I IR line is very sensitive to variations in stellar activity. The formation of He I IR absorption strongly depends on the photoionization and recombination mechanism and its evolution with increasing activity is similar to that of the H-alpha line. The research of the He I IR line strength as a function of the extreme ultraviolet radiation reveals that increasing activity first strengthens the absorption and eventually leads the line to fill in due to an increasing contribution of collisional excitation. The studies performed in the course of this thesis indicate that one-dimensional PHOENIX models of M-dwarf chromospheres with parameterized temperature structures are capable of reproducing shapes and strengths of spectral lines arising in the chromosphere. Furthermore, these models offer the possibility to access detailed information about line formation mechanisms by simulating variations in magnetic activity.