Der Elektron-Proton-Beschleuniger HERA in Hamburg ist als Quelle von präzisen Daten über die Protonstruktur bekannt. Diese wird üblicherweise mittels Strukturfunktionen beschrieben, allen voran F2(x,Q²). Seit dem HERA Upgrade im Jahre 2001 wurde die Luminosität signifikant gesteigert; beim H1 Experiment wurden bis zu 180 pb-1 pro Jahr erreicht. Diese Daten sind heute für Analysen verfügbar; gleichzeitig sind durch sie maßgebliche Fortschritte beim Detektorverständnis und der Kalibrierung erzielt worden. Diese Präzisionsdaten sind insbesondere deswegen interessant, da die Protonstrukturfunktionen einen wichtigen Input für erste Datenanalysen am LHC darstellen.
In dieser Doktorarbeit wird der inklusive Wirkungsquerschnitt für Elektron-Proton-Streuung ep → eX für neutrale Ströme bei kleinen e--Streuwinkeln gemessen. Dabei wird das elektromagnetische Kalorimeter SpaCal im hinteren Bereich des H1 Detektors genutzt. Dieses Blei/Glasfaser-Kalorimeter ist speziell für den Nachweis des gestreuten Elektrons ausgelegt und verfügt über eine hohe Energie- und Polarwinkelauflösung. Die Analyse umfaßt einen kinematischen Bereich von 0.06 < ye < 0.6 für die Inelastizität und 14 GeV² < Qe² <110 GeV² für den quadrierten Impulsübertrag. Dabei wurden Proton-Positron-Kollisionen aus den Jahren 2006 und 2007 wurden untersucht, insgesamt entspricht das einer Luminosität von 141 pb-1.
Aufgrund der hohen Luminosität der HERA II Run Phase ist die Meßgenauigkeit nicht mehr durch die Datenstatistik limitiert, sondern vor allem durch die Auflösungseffekte und systematische Unsicherheiten. Die Migration wird daher immer bedeutsamer; ein Effekt, der zur Verzerrung der gemessenen Verteilung sowie zu statistischen Korrelationen zwischen benachbarten Datenpunkten führt. Auf dieser Ebene wird die Korrektur von Detektoreffekten und die präzise Bestimmung der statistischen Korrelationen immer mehr zu einem wichtigen Bestandteil einer sauberen Fehlerbestimmung.
In dieser Analyse wird zweidimensionales Entfalten angewendet. Für inklusive H1 Wirkungsquerschnitte ist dieses Verfahren neu; normalerweise wird eine bin-weise Effizienzkorrektur verwendet (Bin-by-Bin-Methode). Beim Entfalten werden der Effekt des Detektors auf die Messung durch eine lineare Transformation ("Antwortmatrix") modelliert, mit deren Hilfe alle Verzerrungen korrigiert werden können. Die Berücksichtigung der nicht-diagonalen Matrixelemente ermöglicht die kohärente Bestimmung der statistischen Unsicherheiten und Korrelationen. Die Modellabhängigkeiten könnenoptimal bestimmt werden. Die Bin-by-Bin-Methode kann in diesem Zusammenhang als Näherung betrachtet werden, die auf einer diagonalen Antwortmatrix basiert.
Im Fall begrenzter Detektorauflösung zeigt das Entfaltungsergebnis typischerweise starke Fluktuationen und Korrelationen zwischen den Datenpunkten. Diesem Problem kann mit Glättungsverfahren begegnet werden (Regularisierung). Verschiedene Verfahren werden in der Analyse getestet. Darunter sind eine algebraische Methode, eine Methode, die auf dem Begriff der globalen Korrelation beruht, und die L-Kurven-Methode. Alle drei Methoden führen zu ähnlichen Ergebnissen, die auch konsistent mit dem Ergebnis der Bin-By-Bin-Methode sind. Allerdings sind die statistischen Unsicherheiten nach Entfaltung grösser als die von der Bin-By-Bin-Methode und zwar unabhängig von der Regularisationsvorschrift. Für die algebraische Methode ist der statistische Fehler typischerweise 1 - 2% und der Gesamtfehler etwa 2 - 3% im kinematischen Bereich der Analyse.
Die statistischen Fehler von der Entfaltungsmethode und der Bin-By-Bin-Methode werden verglichen. Dafür wird eine starke Glättungsvorschrift für die Entfaltung gewählt, welche die Korrelationen zwischen den Datenpunkten minimiert. Es zeigt sich eine Differenz von etwa 20 - 30% im Fehler. Dieser zusätzliche Effekt beruht auf der Migration, die bei der Bestimmung des Fehlers nach der traditionellen Bin-By-Bin-Methode nicht berücksichtigt wird.
Zusammenfassend gilt, dass der Übergang von der klassischen Bin-By-Bin-Methode zur vollen zweidimensionalen Entfaltungsmethode zu keinen beobachtbaren Änderungen an den Wirkungsquerschnitten führt. Dagegen ist der Einfluss auf die statistischen Unsicherheiten signifikant. Diese werden durch die klassische Bin-By-Bin-Methode unterschätzt.
The electron proton collider HERA in Hamburg is known as a source of accurate data of the proton structure, which is usually described by structure functions, predominantly F2(x,Q²). Since the HERA upgrade in 2001 its luminosity has been significantly increased; at the H1 experiment up to ~180 pb-1 per year were collected. Today, these data are available for physics analyses, together with the best detector calibration and understanding ever. Such precision data are especially valuable in the light of first LHC data analyses, which need precise knowledge of the proton structure as an important input.
In this thesis, the inclusive neutral current ep → eX cross section at small e- scattering angles has been measured using the electromagnetic SpaCal calorimeter in the backward region of the H1 detector. This calorimeter constructed of lead and scintillating fiber was designed to measure the scattered electron with high resolution in both energy and polar angle. The analysis comprises the kinematic range of 0.06 < ye < 0.6 for the inelasticity and 14 GeV² < $Qe² < 110 GeV² for the squared momentum exchange. The data sample consists of positron proton collisions of the years 2006 and 2007, adding up to an integrated luminosity of 141 pb-1.
Due to the high luminosity of the HERA II run phase the accuracy is no longer limited by the data statistics but rather by the detector resolution and systematics. The migration becomes increasingly influential; an effect which leads to distortions of the measured distribution as well as to statistical correlations between adjacent data points. At this stage, the correction of detector effects as well as the precise determination of statistical correlations become important features of a rigorous error treatment.
In this analysis two-dimensional unfolding has been applied. This is a novel approach to H1 inclusive cross section measurements, which are usually based on a bin-by-bin efficiency correction (bin-by-bin method). With unfolding, the detector effect to the measurements is modelled by a linear transformation ("response matrix") which is used to correct any distortion of the data. The inclusion of off-diagonal elements results in a coherent assessment of the statistical uncertainties and correlations. The model dependence can be optimally evaluated. In this context, the bin-by-bin method can be viewed as an approximation based on a diagonal response matrix.
In a scenario of limited detector resolution, the unfolded data distributions will typically exhibit strong fluctuations and correlations between the data points. This issue can be adressed by smoothing procedures (regularization). Different methods have been tested in the analysis. Among those are an algebraic method, a method exploiting the notion of global correlation and the standard L curve method. All three methods give similar results, which are consistent with the result from the standard bin-by-bin efficiency correction. However, the statistical uncertainties from unfolding are larger than those from the standard bin-by-bin method for all tested regularization prescriptions. For the algebraic method, the statistical uncertainty is of the order of 1 - 2% and the total error of the order of 2 - 3% throughout the kinematic range of this analysis.
The statistical uncertainties from unfolding and from the bin-by-bin method has been compared. This is done by choosing a rather strong smoothing prescription for the unfolding, which leads to a minimum of correlations between the data points. A difference of the order of 20 - 30% in the error is found. This reflects the additional effect of migration on the statistical error, a contribution that has not been accounted for by the bin-by-bin method.
To summarize, the propagation from the standard bin-by-bin efficiency correction to a full two dimensional unfolding treatment does not result in an observable change of the measured cross sections, thus establishing trust in previous measurements. However, a significant impact on the statistical uncertainties is observed, which seem to be clearly underestimated by the traditional (bin-by-bin) error treatment.