Kurzfassung
In den letzten Jahren haben multiferroische Systeme, d. h. Materialien, in denen mindestens zwei ferroische Ordnungsphänomene zugleich auftreten, aufgrund ihrer Anwendungsmöglichkeiten in der Datenspeicherung, in hoch-sensiblen elektromagnetischen Feldsensoren und in neuartigen spintronischen Geräten viel Aufmerksameit auf sich gezogen. Insbesondere Multiferroika mit starken magnetoelektrischen Eigenschaften sind in dieser Hinsicht besonders Attraktiv. Innerhalb der Multiferroika stellen die orthorhombischen Manganiten mit Perowskit-Struktur eine besondere Untergruppierung dar. Bei diesen Verbindungen wird die üblichen ferromagnetischen oder anti-ferromagnetischen Ordnungen durch Frustration destablisiert, so dass durch konkurrierender magnetischer Interaktionen interessante Phasendiagramme entstehen. Die Wechselwirkungen zwischen den starken magnetischen Momenten der Seltenen Erden und den schwächeren der Übergangsmetallen erhöhen dabei sowohl die Komplexität als das wissenschaftliche Interesse.
Die vorliegende Arbeit stellt Ergebnisse von Untersuchungen der magnetischen Struktur, die für die Ferroelektrizität in einigen ausgewählten multi-ferroischen Verbindungen verantwortlich ist, mit resonanter magnetischer Röntgenstreuung vor. Im Einzelnen wurden Eu1-xYxMnO3 Einkristalle bei niedrigen Temperaturen in hohen Magnetfeldern erforscht. Diese Verbindungen sind strukturell den bereits eingehend erforschten RMnO3 (R=Tb,Gd,Dy) ähnlich, jedoch ohne Seltenerdmagnetismus. Die neue Methode der vollständigen Polarisationsanalyse wurde eingesetzt, um die komplexe cycloide Mn-magnetischen Ordnungen zu bestimmen, was die Identifizierung weitere Komponenten, basierend auf den Dzyaloshinskii-Moriya-Wechselwirkungen, ermöglichte. In der Verbindung Eu0.8Y0.2MnO3 konnten zwei koexistierende multiferroische Phasen und eine magnetoelektrische Kopplung zwischen den beiden beobachtet werden. Überdies konnte in der selben Verbindung eine magnetische Ordnung unter den zuvor nicht-magnetischen Seltenerdionen Eu3+ ermittelt werden. Diese wurde auf eine Van-Vleck-Erregung des J=0 Grundzustand in Folge des symmetrie-brechenden inneren Wechselfelds der Mn-magnetischen Momente zurück geführt.
Des Weiteren gibt diese Doktorarbeit die Ergebnisse von Untersuchungen der komplexen Niedrigtemperaturphasen von GdMnO3 sowie von hochenergetischen, nicht-resonanten Streuungsstudien von TbMnO3 wieder. Im Falle des TbMnO3 erlaubte der einfache hochenergetische magnetische Querschnitt eine unmittelbare Bestimmung der Spinkomponenten in der ferroelektrischen Phase. Im Falle des GdMnO3 wurde die erste XRMS Studie in hohen magnetfeldern unterhalb der Gd-Ordungstemperatur durchgeführt, welche die hohe Bedeutung der symmetrischen Austauschwechselwirkung zwischen den Gd- und Mn-Untersystemen für die Stabilisierung der ferroelektrischen Eigenschaften der Verbindung verdeutlichte.
The so-called multiferroics, materials that concomitantly exhibit more than one ferroic order, have in recent years attracted much attention owing to their possible applications in high density data storage, high sensitivity ac magnetic field sensors and novel spintronic devices. In particular, multiferroics with strong magnetoelectric coupling are more attractive. Among such multiferroics, an interesting special class is the orthorhombic manganites with perovskite structure. In these compounds, frustration serves to destabilize ordinary ferromagnetic or antiferromagnetic ordering, giving rise to rich phase diagrams due to several competing magnetic interactions. Interactions between strong rare earth magnetic moments and weaker transition metal moments add another level of complexity, as well as interest. The current dissertation presents results obtained investigating the magnetic structure responsible for ferroelectricity in a few selected multiferroic compounds, using x-ray resonant magnetic scattering (XRMS). In particular, single crystals of Eu1-xYxMnO3 have been studied at low temperatures and in high magnetic fields. This series of compounds is similar in structure to the heavily studied RMnO3 (R=Tb,Gd,Dy), only without rare earth magnetism. The novel technique of full polarization analysis has been used to determine the complicated cycloidal Mn magnetic ordering, and additional components due to the Dzyaloshinskii-Moriya interactions have been identified. In the compound Eu0.8Y0.2MnO3, two coexisting multiferroic phases were observed, and a magnetoelectric coupling between the two was established. Moreover, magnetic order of the formally non-magnetic rare earth ion Eu3+ was observed in the same compound. It has been concluded to result from a Van Vleck type excitation of the J=0 ground state due to the symmetry-breaking internal exchange field from the Mn magnetic moments. In addition, this dissertation reports on high field investigations of the complex low-temperature phases of GdMnO3 as well as high energy non-resonant scattering studies of TbMnO3. In the case of TbMnO3, the simple high energy magnetic cross section allowed for direct determination of spin components in the ferroelectric phase. In the case of GdMnO3, the first high field XRMS investigation below the Gd ordering temperature was performed, revealing an important role of the symmetric exchange interaction between the Gd and Mn subsystems for stabilizing ferroelectricity in the compound.